Power für «Orion»Euro-Triebwerk für US-Raumschiff
2017 soll der Space-Shuttle-Nachfolger «Orion» erstmals zu einem Testflug zum Mond starten. Befeuert wird er dabei auch von einem Triebwerk aus Europa.
- von
- Gerhard Kowalski ,
- dapd
Die Zeiten, als ein einziges Land alleine ein bemanntes Raumfahrtprogramm stemmen konnte, sind auch für die USA vorbei. Wenn die Amerikaner 2017 ihr neues bemanntes Raumschiff «Orion» auf die Reise zum Mond schicken, wird es von einem europäischen Triebwerk angetrieben. Es ist das Kernstück des Service Moduls (SM) der Europäischen Weltraumorganisation ESA, das am Mittwoch auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA in Houston (Texas) vorgestellt wurde.
Mit dem Modul, das unmittelbar an der viersitzigen Kommandokapsel angedockt ist und auch Teile des Energieversorgungs-, Steuerungs- und Lebenserhaltungssystems des Shuttle-Nachfolgers beherbergt, liefern die Europäer erstmals ein sogenanntes missionskritisches Element für ein amerikanisches Raumschiff.
Neue Seite der transatlantischen Partnerschaft
Der ESA-Direktor für bemannte Raumfahrt und Betrieb, Thomas Reiter, sprach dann auch von einer «neuen Seite», die in der transatlantischen Kooperation aufgeschlagen worden sei. «Orion» biete eine «fantastische Perspektive», Menschen über den erdnahen Raum hinaus ins All zu befördern, fügte er mit Blick auf die geplanten Flüge zum Mond, zum Mars und zu anderen Himmelskörpern hinzu.
Sein NASA-Counterpart Bill Gerstenmaier bezeichnete «Orion» als das modernste bemannte Raumschiff, das je entwickelt worden sei. Es werde Astronauten in bisher unerreichte Weiten des Weltraums hinaustragen und wieder sicher zur Erde zurückbringen. Als ersten Schritt werde mal aber zur Internationalen Raumstation ISS fliegen. Ab 2020/2021 stünden dann Missionen in das Sonnensystem an.
Projekt auch von strategischer Bedeutung
Das Service Modul basiert auf der bewährten Technik des europäischen Weltraumfrachters ATV, der bei Astrium in Bremen gebaut wird und bisher dreimal die ISS mit Nachschub versorgt hat. Mit dem 450-Millionen-Euro-Projekt bezahlt die ESA in allererster Linie bei den Amerikanern ihre Betriebskosten für die Internationale Raumstation ISS für die Jahre 2017 bis 2020. Derzeit wird das mit den ATV-Missionen abgegolten, die 2015 eingestellt werden. «Da es aber im nächsten Jahrzehnt Ziele geben wird, die jenseits des erdnahen Orbits liegen, hat dieses Projekt für uns über den reinen Barter- und Kompensationsaspekt hinaus eine strategische Bedeutung», hatte Reiter der Nachrichtenagentur dapd in einem Vorabgespräch gesagt. Auch die europäische Industrie sei daran interessiert, in der nächsten Dekade mit dabei zu sein.
Der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, sprach von einem «Paradigmenwechsel» in der Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa. «Zum ersten Mal sind wir an missionskritischen Elementen eines zukünftigen Raumschiffes der NASA, der Steuerung und dem Antrieb, beteiligt», sagte er der Nachrichtenagentur dapd. «Ich bin sehr froh darüber.»
Animation der Mission EFT-1 (Video: YouTube/NASAtelevision)

2014 gehts los
«Orion» wird im Frühjahr 2014 ein erstes Mal in den Orbit geschossen. Eine Rakete vom Typ «Delta IV Heavy Lift» wird das Raumschiff während der Mission EFT-1 auf eine Höhe von 5800 Kilometer bringen. Dies stellt die grösste Höhe dar, die ein Raumschiff für bemannte Exploration seit 1973 erreicht hat mehr als 15 mal höher als die Umlaufbahn der Internationalen Weltraumstation ISS.
Aus dieser Höhe wird die Kapsel rund 8000 Kilometer pro Stunde schneller wieder in die Atmosphäre eintreten als Raumschiffe, die aus einem erdnahen Orbit zurückkehren. Dabei muss der Hitzeschild über 1000 Grad Celsius aushalten Werte, die letztmals bei den Apollo-Mondflügen registriert wurden. Mit dem Test soll das Zusammenspiel aller Systeme untersucht und sichergestellt werden, dass «Orion» Menschen aus den Tiefen des Raums sicher zur Erde zurückbringen kann. Der Test wird vom Technologiekonzern Lockheed Martin im Auftrag der Nasa durchgeführt.
SLS-Rakete
Für den unbemannten Mond-Vorbeiflug wird «Orion» im Dezember 2017 auf der brandneuen SLS-Rakete die Erdanziehungskraft hinter sich lassen. SLS steht für «Space Launch System» und bezeichnet eine leistungsstarke neue US-Rakete, die in ihrer stärksten Version dereinst 130 Tonnen Nutzlast transportieren soll.
Auf dieser sieben bis zehn Tage dauernden Mission wird erstmals das gesamte Raumschiff inklusive Service-Modul in derselben Konfiguration getestet, wie sie später für bemannte Flüge zum Einsatz kommen soll.
Im Bild: Die «Orion»-Kapsel (links) mit Servicemodul und ausgefahrenen Sonnenkollektoren. (Bild: ESA)
(jcg)