Flüchtlingskrise: «Europa will seine Probleme outsourcen»

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Flüchtlingskrise«Europa will seine Probleme outsourcen»

Der Türkei-Deal wird im EU-Parlament heftig kritisiert. Das sind die Bedenken der Abgeordneten.

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«Ich finde diesen Deal grösstenteils problematisch»: Guy Verhofstadt im EU-Parlament in Brüssel. (25. Mai 2014)

«Ich finde diesen Deal grösstenteils problematisch»: Guy Verhofstadt im EU-Parlament in Brüssel. (25. Mai 2014)

Keystone/Olivier Hoslet

Im EU-Parlament ist das geplante Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Türkei zur Eindämmung des Migrationsstroms auf heftige Kritik gestossen.

«Ich finde diesen Deal grösstenteils problematisch», sagte der Vorsitzende der Liberalen-Fraktion, Guy Verhofstadt, am Mittwoch im Strassburger Plenum. Je näher er sich die Details der am späten Montagabend erreichten Grundsatzeinigung anschaue, desto kritischer werde er.

Verantwortung abgeben

Europa wolle damit seine «Probleme outsourcen» und gebe dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan «die Eingangsschlüssel für die Tore Europas in die Hand», so Verhofstadt. «Das ist so, als würden die USA Mexiko sagen: Ihr verwaltet in Zukunft die Grenze.»

Auch der Chef der grössten Fraktion im EU-Parlament, der EVP-Vorsitzende Manfred Weber, äusserte Bedenken. Weber forderte die Staats- und Regierungschefs der EU auf, sich aus den Details der Visabefreiung für türkische Bürger in der EU herauszuhalten.

Dies sei Aufgabe des EU-Parlaments und des EU-Ministerrates. Beide EU-Organe müssen der für Juni geplanten Befreiung zustimmen. «Aus unserer Sicht gibt es keinen Blanko-Scheck», sagte Weber.

Linke spricht von Ablasshandel

Grüne, Linke und Sozialisten kritisierten harsch die geplanten Vereinbarungen mit der Türkei, die Ende kommender Woche beim EU-Gipfel festgezurrt werden sollen. «Wir schliessen einen Deal mit einem Land, das bereit ist, Menschen im eigenen Land zu töten», sagte Linken-Fraktionschefin Gabi Zimmer mit Blick auf das Vorgehen der türkischen Armee gegen kurdische Rebellen. Sie fühle sich bei EU-Verhandlungen mit der Regierung in Ankara an einen Ablasshandel erinnert.

Der Fraktionsvorsitzende der Sozialisten, Gianni Pittella, sagte, es dürfe «keinen Kuhhandel zum Schicksal von Flüchtlingen» geben. Die Beitrittsgespräche mit einem Dialog in der Flüchtlingskrise zu vermischen, sei der falsche Ansatz.

Griechenland als «Flüchtlingskäfig»

Pittella forderte, es dürfe auch Griechenland nicht vergessen werden. Das Land drohe «ein Käfig für Flüchtlinge zu werden, in dem es einen Eingang, aber keinen Ausgang gibt».

Die Türkei hatte beim EU-Gipfel Anfang der Woche überraschend angeboten, alle neu ankommenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen. Für jeden zurückgebrachten Syrer soll die EU einen Syrer auf legalem Weg aufnehmen.

Im Gegenzug will Ankara den Fall des Visa-Zwangs ab Juni, die Ausweitung der Beitrittsgespräche auf fünf weitere Bereiche sowie die Verdoppelung der Hilfen für syrische Flüchtlinge in der Türkei auf sechs Milliarden Euro. (kat/sda)

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