Ex-«Magazin»-Journalistin erhebt schwere Vorwürfe gegen Tamedia

Aktualisiert

Mobbing und SexismusEx-«Magazin»-Journalistin erhebt schwere Vorwürfe gegen ihren Chef

Anuschka Roshani, ehemalige Redaktorin beim Zürcher «Magazin», schreibt in einem Gastbeitrag im «Spiegel», sie habe durch ihren Vorgesetzten Sexismus und Mobbing erfahren. Der Verlag Tamedia kommt zu anderen Ergebnissen.

Ein Artikel im «Spiegel» vom 3. Februar 2023 sorgt für Aufregung: Anuschka Roshani, bis letzten September Redaktorin beim «Magazin» (im Bild das Verlagsgebäude), erhebt schwere Vorwürfe gegen ihren Ex-Chef.

Ein Artikel im «Spiegel» vom 3. Februar 2023 sorgt für Aufregung: Anuschka Roshani, bis letzten September Redaktorin beim «Magazin» (im Bild das Verlagsgebäude), erhebt schwere Vorwürfe gegen ihren Ex-Chef.

20min/Ela Çelik

Darum gehts

  • Anuschka Roshani arbeitete 14 Jahre lang beim «Magazin» unter der Leitung von Chefredaktor Finn Canonica.

  • Der Chef soll sie jahrelang gemobbt haben, behauptet jetzt die deutsche Journalistin.

  • Sie beschreibt ein Arbeitsklima, in dem angeblich Sexismus und Machtmissbrauch zum Alltag gehörten. 

Ein Gastbeitrag der deutschen Journalistin Anuschka Roshani in der Zeitschrift «Spiegel» sorgt derzeit in der Schweizer Medienwelt für Wirbel. Die Ex-Tagi-Magi-Redaktorin arbeitete 14 Jahre lang unter der Leitung des ehemaligen Chefredaktors Finn Canonica. Nun macht Roshani ihrem damaligen Vorgesetzten schwere Vorwürfe – es geht um Sexismus, Machtmissbrauch, angeblich sogar Fremdenfeindlichkeit. 

Der Text ist in Ich-Form verfasst, aber der «Spiegel» legt Wert auf die Feststellung, er habe sich nicht nur auf Roshanis Wort verlassen, sondern Aussagen ehemaliger Kolleginnen und Kollegen von ihr eingeholt. Der Redaktion lägen Chats, Korrespondenz und Dokumente vor, welche die Vorwürfe stützten. Zudem habe Roshani Aussagen aus Vieraugengesprächen gegenüber dem deutschen Magazin eidesstattlich versichert.

Als Canonica im Jahr 2007 die Leitung des «Magazins» übernahm, habe ein «Regime des Mobbings» begonnen, schreibt Roshani. Sie erzählt, wie der Chefredaktor sein Team in einen «inner circle» und einen «outer circle» aufgeteilt habe.  Canonica soll der Redaktorin bei Meinungsverschiedenheiten mit Kündigung gedroht haben. Andererseits sei zumindest einmal ein Lob mit sexistischem Unterton dahergekommen. Roshani schreibt Gastbeitrag, sie sei aufgrund der stressigen Situation regelmässig krank geworden.

2022 verliess Canonica das «Magazin»

Ende Juni vergangenen Jahres gab Tamedia überraschend bekannt, dass der langjährige Chefredaktor nach 20 Jahren beim «Magazin» eine neue berufliche Herausforderung annehmen werde. Zu allfälligen Vorkommnissen aus der Redaktion wurde damals nichts verlautet. Es gilt für Finn Canonica die Unschuldsvermutung.

Anuschka Roshani ihrerseits, suchte das Gespräch beim Verlag, reichte eine formelle Beschwerde ein. Ende September erhielt sie die Kündigung «ohne Angabe von Gründen». Die Journalistin reichte daraufhin Klage gegen Tamedia wegen Verletzung der Fürsorgepflicht aufgrund sexistischer Diskriminierung und Mobbings ein.

Tamedia nimmt Stellung

Der «Magazin»-Verlag Tamedia, der wie 20 Minuten zur TX Group gehört, hat auf Anfrage dieser Redaktion Stellung genommen. Tamedia sagt, man habe die Vorwürfe von Frau Roshani sehr ernst genommen und sie akribisch prüfen lassen. Der Konflikt zwischen Anuschka Roshani und Finn Canonica sei Gegenstand einer von Tamedia in Auftrag gegebenen externen Untersuchung durch eine spezialisierte Kanzlei gewesen.

«Die Untersuchung des Falles ergab, dass sich die von Frau Roshani in diesem Zusammenhang geäusserten Vorwürfe zu einem grossen Teil nicht bestätigten», schreibt die Tamedia in ihrer Stellungnahme. «In einigen Punkten kam die Untersuchung sogar zu einem gegenteiligen Ergebnis - insbesondere was den Führungsstil und die Arbeitsatmosphäre unter der Leitung von Herrn Canonica betraf.»

Der ehemalige Chefredaktor des «Magazin» habe sich letzten Sommer schliesslich dazu entschieden, Tamedia zu verlassen. Abschliessend schreibt der Verlag, dass Tamedia «eine Mitschuld von Frau Roshani an der für alle Beteiligten schwierigen Situation weder ausschliessen noch bestätigen» könne. Die Wiederherstellung einer unbelasteten Arbeitsatmosphäre habe Priorität gehabt.  

Tamedia schickt interne Mail an Mitarbeitende

Am Sonntag hat sich die Tamedia-Geschäftsführung zudem in einer internen Mail an die Mitarbeitenden gewandt. In der Mail schreiben der Geschäftsführer Andreas Schaffner und Interim-Geschäftsleitungs-Mitglied Mathias Müller von Blumencron zu den Aussagen Roshanis: «Viele ihrer Vorwürfe erwiesen sich als nicht haltbar. Wir haben uns um Transparenz und Gerechtigkeit bemüht. Wir haben beide Parteien über den Inhalt des Untersuchungsberichtes informiert.

Des Weiteren heisst es: «Obwohl es für uns von Vorteil gewesen wäre, hatten wir uns aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes bisher gegen eine Veröffentlichung entschieden». Nun hätten sie sich angesichts öffentlichen Interesses dazu entschieden, den Untersuchungsbericht zu veröffentlichen. 

Die Tamedia-Geschäftsführung betont zudem: «Respekt, Wertschätzung und eine darauf beruhende Führungskultur sind essentielle Prinzipien unseres Hauses. Die konsequente Durchsetzung dieser Prinzipien ist für uns eine der wichtigsten Aufgaben.»

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von (Cyber-)Mobbing betroffen? 

Hier findest du Hilfe:

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Fachstelle Mobbing (kostenpflichtig)

Elternberatung, Tel. 058 261 61 61

Hilfe bei Mobbing, Fachstelle für Schulen und Eltern (kostenpflichtig)

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

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