Prozess in St. Gallen: Fälschte Kesb-Beistand Testament von Frau (92)?

Aktualisiert

Prozess in St. GallenFälschte Kesb-Beistand Testament von Frau (92)?

Einem 59-Jährigen droht eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Das Kreisgericht St.Gallen wirft ihm vor, das Vermögen einer fast blinden 92-Jährigen und IV-Gelder erschlichen zu haben.

Der 59-Jährige musste sich vor dem Kreisgericht St. Gallen verantworten. (Bild: 20M)

Der 59-Jährige musste sich vor dem Kreisgericht St. Gallen verantworten. (Bild: 20M)

Der Beschuldigte stand am Donnerstag vor dem Kreisgericht St. Gallen. Die Staatsanwaltschaft warf dem deutschen Staatsbürger vor, er habe als privater Beistand alte Menschen mehrfach betrogen. So habe er zum Beispiel das Testament einer fast blinden Mandantin (92) mit zittriger Schrift selber verfasst und ihre Unterschrift gefälscht.

Die Staatsanwaltschaft bezichtigte ihn aber auch des Sozialbetrugs. Er habe eine IV-Rente beantragt, unwahre Angaben über seinen Gesundheitszustand gemacht und seine Tätigkeit als von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) St. Gallen eingesetzter privater Beistand verschwiegen.

Veruntreuung und Betrug

Die Staatsanwaltschaft klagte den Mann wegen mehrfacher qualifizierter Veruntreuung, Betrugs, Urkundenfälschung und Erschleichung einer Falschbeurkundung an. Sie beantragte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Die Verteidigung verlangte hingegen Freisprüche in allen Anklagepunkten.

Der Beschuldigte bestritt sämtliche Vorwürfe. Es sei der klare Wille der Frau gewesen, ihm ihr Erbe zu vermachen. Er habe ihr vorgeschlagen, das Testament beim Amtsnotariat machen zu lassen, was sie abgelehnt habe. Sie habe ihn jedoch gebeten, ihr beim Verfassen behilflich zu sein. So habe er ihre Hand beim Schreiben geführt.

Er wies auch den Vorwurf zurück, er habe Geld von ihr entwendet, um es für sich und andere auszugeben. Die Mandantin habe ihm lediglich einige Geschenke gemacht, die er in gutem Treu und Glauben angenommen habe.

Testament selber unterschrieben

Der Staatsanwalt war von der Schuld des Mannes überzeugt. Er sei ab Ende August 2013 von der Kesb als privater Beistand der 1921 geborenen Frau eingesetzt gewesen. Nach ihrem Tod habe er dem Amtsnotariat in St. Gallen ein Testament überreicht, in dem die Frau ihm sein ganzes Vermögen von knapp einer Million Franken vermacht habe. Nur durch Zufall und erst nachdem das Amtsnotariat dem Beschuldigten eine Erbbescheinigung ausgestellt habe, sei der Verdacht auf Testamentsfälschung aufgekommen.

Die Betagte sei zwar einsam und sei dankbar für die Hilfe des Beistands gewesen, doch habe sie nie die Absicht gehabt, ihn als Alleinerben einzusetzen. Kaum habe er die Erbbescheinigung in Händen gehalten, habe sich der Beschuldigte das Geld auf sein Konto überweisen lassen und sich einen Mercedes CLK und ein Motorboot gekauft.

Enges Vertrauensverhältnis

Es gebe absolut keine Beweise für die Vorwürfe, betonte die Verteidigerin. Zwischen der Frau und ihrem Mandanten habe sich ein enges Vertrauensverhältnis entwickelt. Sie habe deshalb ihr Vermögen nicht unbekannten Verwandten, sondern ihrem Beistand vermachen wollen. Ihr Mandant habe weder das Testament noch die Unterschrift gefälscht.

Es stimme zwar, dass er kleinere Geschenke von ihr angenommen habe, was als Beistand heikel, aber kein Straftatbestand sei. Den Vorwurf des Sozialbetrugs wies die Verteidigerin ebenfalls zurück. Als Beistand habe er lediglich Spesen erhalten, aber nichts verdient. Das Kreisgericht St. Gallen hat das Urteil auf Mitte nächster Woche angekündigt.

(sda)

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