Faithless: Formel für die Euphorie
Mit Faithless spielten am Dienstag Rave-Dinosaurier in Montreux auf. Wie gewohnt sorgten die Engländer für Euphorie.
Bevor Maxi Jazz und seine Truppe die Bühne enterten, durfte aber noch James Lavelle, mit neuem Album im Gepäck, zeigen, wie sich sein Projekt Unkle entwickelt hatte. Die Zusammenarbeit mit Josh Homme (Queens of the Stone Age) unterstreicht die zunehmende Rocklastigkeit des einstigen Trip-Hop-Projekts. Gitarre, Schlagzeug, Bass: Die klassische Bandbesetzung wurde live konsequent fortgeführt und steht nun gleichberechtigt neben den elektronischen Frickeleien von Lavelle. Mit atemberaubenden Drumbreaks, apokalyptischen Streichern und erschütternden Bässen versuchte er, das Publikum zu elektrisieren, was ihm aber nur bedingt gelang. Es lag wohl am Fehlen eines richtigen Frontmanns.
Was so einer ausmacht, bewies dann Faithless-Sänger Maxi Jazz auf eindrücklichste Weise: Er sieht zwar aus wie ein Skelett – es liegt wohl am Schlafmangel –, strahlt aber nach all den Jahren immer noch eine unglaubliche Energie aus. Gleich als zweiten Song spielten sie «Insomnia», den Grundpfeiler ihres Erfolges. Was für ein unzerstörbares Rave-Signal!
Selbst wüsteste Elektrohouse-Vergewaltigungen – es gibt hunderte inoffizielle Remixes – können dieser Melodie nichts anhaben! Es folgte ein Höhepunkt nach dem anderen: «God Is a DJ», «We Come One», zum Schluss «Salva mea» – Hände wirbelten durch die Luft, Menschen wurden glücklich. Hin und wieder beschlich einen der leise Gedanke: Erstaunlich, wie oft Faithless mit der gleichen Formel für Euphorie sorgen. Aber in solchen Momenten ist das irgendwie egal.
Thomas Nagy