Rassismus: Fallen Sprüche gegen «faule Romands» bald unter die Antirassismus-Strafnorm?

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RassismusFallen Sprüche gegen «faule Romands» bald unter die Antirassismus-Strafnorm?

Die Juso will die Antirassismus-Strafnorm verschärfen. Das könnte aber nach hinten losgehen, warnt ein Anwalt. Denn mit der Juso-Definition könnte schon ein Spruch über die Welsche Apérokultur strafbar sein.

von
Stefan Lanz
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Wer einen Spruch über Romands macht, die lieber «apérölen», statt zu arbeiten, könnte sich womöglich bald strafbar machen. 

Wer einen Spruch über Romands macht, die lieber «apérölen», statt zu arbeiten, könnte sich womöglich bald strafbar machen. 

Getty Images/EyeEm
Die Jungsozialisten diskutierten am Sonntag ein neues Positionspapier zum Thema Rassismus.

Die Jungsozialisten diskutierten am Sonntag ein neues Positionspapier zum Thema Rassismus.

Handout, Juso Schweiz
Die strafbaren rassistischen Äusserungen sollen breiter gefasst sein als heute, sagt Mirjam Hostetmann. So sollen zum Beispiel auch Beleidigungen wegen der Kultur und Nationalität strafbar sein. 

Die strafbaren rassistischen Äusserungen sollen breiter gefasst sein als heute, sagt Mirjam Hostetmann. So sollen zum Beispiel auch Beleidigungen wegen der Kultur und Nationalität strafbar sein. 

Handout, Juso Schweiz

Darum gehts

Die geltende Schweizer Rassismus-Strafnorm gehe nicht weit genug, sagt Juso-Vizepräsidentin Mirjam Hostetmann auf Anfrage von 20 Minuten. «Derzeit sind Herabsetzungen wegen der Rasse oder der Ethnie strafbar, doch diese Straftatbestände greifen viel zu selten.»

«Rechtsextreme umgehen Rassismus-Strafnorm geschickt»

Das Problem sei, dass es der SVP, aber auch Rechtsextremen wie der «jungen Tat», immer öfter gelinge, ihre Ideologie gerade noch so zu formulieren, dass sie zwar – nach Auffassung der Juso – rassistisch sei, aber nicht bestraft werden könne. Hier müsse man ansetzen, wenn man beim Rassismusproblem vorwärtskommen wolle. «Diskriminierungsgründe müssen im Gesetz breiter und ausführlicher gefasst sein, damit man in der Praxis auch wirklich Diskriminierung bestrafen kann», sagt Hostetmann. Mit der Erweiterung der Rassismus-Strafnorm auf «Kulturen und Nationalitäten» wäre es beispielsweise möglich, Äusserungen zu bestrafen, die heute nicht vom Anti-Rassismus-Gesetz erfasst sind.

Auf die Frage, welche Aussagen oder Verhaltensweisen künftig genau strafbar sein sollen, bleibt Hostetmann aber vage. Beispielsweise sollen aber Aussagen wie «alle Afghanen sind kriminell» strafbar sein.

Reale Gefahr der «Gesinnungspolizei»?

In der Verschärfung im Sinne der Juso liege eine grosse Gefahr und die «Gesinnungspolizei» lauere, sagt Michael Steiner, der sich als Anwalt mit Rassismusfällen befasst. Die von der Juso geforderte Ausweitung führe zu einer Spirale von Verschärfungen. Die Logik der Juso sei: «Wir beurteilen nicht mehr, was die Rechtsextremen sagen, sondern was sie meinen.» Das führe letztlich zu einer Gesinnungspolizei. «Das Strafrecht beurteilt immer Handlungen und nicht die Einstellung und die Gesinnung der Person. Eine Gesinnungsstrafe ist nicht vereinbar mit unserem Rechtssystem.»

Spruch über Welsche Apérokultur bald rassistisch?

Zudem öffne die Einführung des Begriffes der «Kultur» die Büchse der Pandora, zumal ja nicht unbedingt nur ausländische Kulturen betroffen sein müssten, sagt Steiner, der selbst 20 Jahre lang Mitglied der SP war. In der Schweiz mit ihren vier Sprachkulturen und den 26 Kantonskulturen sei das Potential, jemanden wegen eines Spruches zu verklagen, riesig. Zum Beispiel könnte ein Spruch wie: «Die Romands sind weniger fleissig, weil sie immer rechtzeitig in den Apéro müssen», schon eine Strafuntersuchung nach sich ziehen, wenn sich die Definition der Juso durchsetze.

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