Anzeigen abgeblitztFalsche Kontoauszüge – keine Strafe für Bank Coop
Die Bank Coop hat falsche Kontoauszüge verschickt und damit das Bankgeheimnis verletzt. Trotz des Fauxpas gibt es kein Strafverfahren und keine Busse.
- von
- Valeska Blank
Der Fall war peinlich: Anfang 2014 erhielten mehrere Zehntausend Bank-Coop-Kunden fälschlicherweise die Kontoauszüge von anderen Kunden. Das Basler Finanzinstitut hat damit das Bankgeheimnis verletzt – doch rechtliche oder finanzielle Konsequenzen muss es keine befürchten. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt ist auf Strafanzeigen nicht eingetreten, wie aus einem Schreiben vom 11. März hervorgeht.
Die Anzeigen eingereicht haben mehrere Kunden, die vom falschen Versand betroffen waren. Daraufhin haben die Basler Staatsanwaltschaft und die Polizei ermittelt, ob das Institut das Bankkundengeheimnis fahrlässig verletzte. Etwas mehr als ein Jahr nach dem Vorfall hat nun die zuständige Staatsanwältin entschieden, dass ein Straftatbestand nach Artikel 47 Absatz 2 des Schweizer Bankengesetzes nicht erfüllt ist.
Kette interner Fehler
Im Schreiben der Staatsanwaltschaft ist detailliert aufgeführt, wie es zum Fehler kommen konnte. Ursache des Übels war, dass die Bank Coop ihren Kunden auf den Auszügen neben dem Kontostand auch eine Übersicht über ihre Superpunkte anzeigen wollte. Daraufhin kam es, so der Schluss der Ermittler, zu «fehlenden Kontrollen». Die Staatsanwaltschaft macht zudem «verschiedene organisatorische Probleme» sowie «unsorgfältige Vorgehensweisen von einzelnen Mitarbeitenden» für den Fehlversand verantwortlich.
Das und noch weitere Fehler führten letztlich zum Debakel mit den Kontoauszügen. Jedoch sei für keinen der involvierten Mitarbeiter voraussehbar gewesen, dass letztlich die Kontoauszuge falsch zugestellt werden wurden, schreibt die Staatsanwaltschaft. Darum könne man auch niemandem vorwerfen, wegen Unachtsamkeit das Bankgeheimnis verletzt zu haben.
«Bedenklicher Entscheid»
Für Rechtsanwalt Martin Steiger ist der Entscheid «in der Summe bedenklich», wie er zu 20 Minuten sagt. Steiger vertritt einen der betroffenen Kunden, der Strafanzeige gegen die Bank Coop eingereicht hat. Obwohl er grundsätzlich nicht an der Richtigkeit des Entscheids zweifle, sei es erschreckend, wie es zum Fauxpas mit mehreren Zehntausend falsch versandten Bankunterlagen kommen konnte – «gerade in einer Branche, die vom Vertrauen der Kunden lebt».
Die Basler Staatsanwaltschaft habe geradezu eine Anleitung geliefert, wie strafrechtliche Verantwortlichkeit vernebelt werden könne, so Steiger: «Aufgrund einer Verkettung ungünstiger Umstände lassen sich keine einzelnen strafrechtlich Verantwortlichen ermitteln – und die Bank selbst kann nicht bestraft werden.»
Bank drückt Bedauern aus
Der Entscheid der Basler Staatsanwaltschaft dürfte laut Steiger rechtskräftig werden. Dass es zu einer Beschwerde der geschädigten Kunden komme, sei wegen des finanziellen Aufwands unwahrscheinlich. Wäre der Entscheid der Staatsanwaltschaft zuungunsten der Bank Coop ausgefallen, hätte sie eine Busse bis zu 250'000 Franken zahlen müssen.
Die Bank Coop hat den Entscheid der Staatsanwaltschaft «zur Kenntnis genommen», wie sie auf eine Anfrage von 20 Minuten schreibt. Man bedauere den Vorfall im Zusammenhang mit dem Jahresendversand 2013 sehr und habe alle möglichen Massnahmen ergriffen, um solche Fehler in Zukunft zu vermeiden.