Biel und Freiburg: Fast alle Bieler Romands fühlen sich diskriminiert

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Biel und FreiburgFast alle Bieler Romands fühlen sich diskriminiert

In zweisprachigen Städten ist eine Sprachgruppe immer im Nachteil. In Biel sind laut einer Befragung gar 87 Prozent der Romands der Meinung, sie hätten massive Nachteile.

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Afrim Hajdri (43), Romand: «Ich habe das Gefhühl, dass ich hier in Biel diskriminiert werde. Ich verstehe hier fast nie, was mir die Leute sagen.»

Afrim Hajdri (43), Romand: «Ich habe das Gefhühl, dass ich hier in Biel diskriminiert werde. Ich verstehe hier fast nie, was mir die Leute sagen.»

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Filip Bajic (17), Romand: «Ich habe viele deutschsprachige Freunde. Wir Bieler sind wie eine Familie, man kennt sich untereinander.»

Filip Bajic (17), Romand: «Ich habe viele deutschsprachige Freunde. Wir Bieler sind wie eine Familie, man kennt sich untereinander.»

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Karen Moeri (34), Romand: «Wenn ich in einem Laden französisch spreche, versteht man mich oft nicht. Die Deutschschweizer sollten sich mehr anstrengen.»

Karen Moeri (34), Romand: «Wenn ich in einem Laden französisch spreche, versteht man mich oft nicht. Die Deutschschweizer sollten sich mehr anstrengen.»

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Biel ist die grösste zweisprachige Stadt der Schweiz und gilt punkto Bilingualität als Paradebeispiel –zumindest bisher: Eine neue Studie aus der Seelandmetropole rüttelt an diesem Bild. Das «Barometer der Zweisprachigkeit», zu dem 558 Personen befragt wurden, zeigt: Romands fühlen sich in Biel benachteiligt. Sage und schreibe 87 Prozent der befragten Welschbieler geben dies zur Antwort.

Besonders in der Arbeitswelt glauben Frankophone, schlechtere Karten zu haben: Über die Hälfte gibt an, wegen mangelnder Deutschkenntnisse Schwierigkeiten bei der Stellensuche zu haben. Bei den deutschsprachigen Seeländern sind es lediglich 15 Prozent.

Nicht zurück nach Biel

Dass die Zweisprachigkeit nicht von allem positiv wahrgenommen wird, beschäftigt offenbar auch junge Bieler. Danièle Hafner hat in ihrer Maturarbeit untersucht, warum die Mehrheit der frankophonen Gymeler nach einem Studium nicht zurück nach Biel kommen. Auch sie hat dafür eine Befragung durchgeführt, an der etwa auch SNB-Direktor Thomas Jordan teilnahm. Hafners Fazit: «Biel stellt für die deutschsprachigen Befragten eine deutlich idealere Stadt dar, als für die französischsprachigen», so Hafner gegenüber dem «Bieler Tagblatt». Die Bielerin fürchtet, dass die Stadt dadurch «verdeutscht» werde.

Auch Freiburg kämpft

Am anderen Ende des Kanton Berns wünschten sich einige Bewohner gerade dies. Wie Biel liegt auch Freiburg auf der Sprachgrenze. Dort gilt jedoch lediglich Französisch als Amts- und Arbeitssprache – was von Deutschsprechenden kritisiert werde, sagt Stadtpräsident Thierry Steiert. «Wir kämpfen mit denselben Problemen wie jede andere zweisprachige Stadt auch.»

Er glaubt jedoch, dass sich die deutschsprachige Minderheit in der Stadt heute wohler fühle als früher. Bereits kleine, symbolische Massnahmen würden viel bewirken: «Als wir den Bahnhof vor fünf Jahren konsequent in beiden Sprachen beschrifteten, hat das bereits viel geholfen.» Steiert, der seit April im Amt ist, wuchs bilingue auf und sieht sich so als Bindeglied zwischen den Sprachlagern. Er will dem Thema auch während seiner Amtszeit viel Beachtung schenken: «Zweisprachigkeit ist Herausforderung und Bereicherung zugleich. Es gilt sie zu pflegen, sonst wird sie zur Last.»

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