Job-StudieFast jeder vierte Schweizer hat Angst, seinen Job zu verlieren
18 Prozent der Arbeitnehmenden in der Schweiz überlegen, aus wirtschaftlicher Not ihren Job zu kündigen. Im Vergleich zum Ausland ist diese Zahl tief.

- von
- Marcel Urech
Darum gehts
«Lieber arbeitslos als unglücklich am Arbeitsplatz» – das sagt global rund ein Drittel der Teilnehmenden der neuen Arbeitsbarometer-Studie des Personaldienstleisters Randstad.
In der Schweiz würde jede zweite befragte Person in Erwägung ziehen, einen Job zu kündigen, wenn dieser sie davon abhält, ihr Leben zu geniessen.
Insgesamt sind die Menschen in der Schweiz optimistischer als die Befragten im Ausland.
Ein sicherer Arbeitsplatz wird laut Randstad immer wichtiger. Der Personaldienstleister hat für seinen neuen Arbeitsbarometer 35’000 Arbeitnehmende in 34 Märkten befragt. 37 Prozent davon haben Angst, ihre Arbeit zu verlieren. Bei der Generation Z (18- bis 24-Jährige) sind es 43 Prozent, zehn Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Menschen in der Schweiz sind optimistischer als ihre Kolleginnen und Kollegen im Ausland. Auch hierzulande machen sich aber 23 Prozent der Befragten Sorgen, aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheit ihren Job zu verlieren. In Deutschland sind es 51 Prozent, in Frankreich 34 Prozent, in Italien 25 Prozent.
Lieber arbeitslos als unglücklich am Arbeitsplatz
Global sagt rund ein Drittel: «Lieber arbeitslos als unglücklich am Arbeitsplatz.» Über 42 Prozent würden kündigen, wenn die Firma ihre Forderung nach besseren Anstellungsbedingungen ablehnt. 2021 glaubten 61 Prozent der Befragten, vor 65 in den Ruhestand gehen zu können, jetzt noch die Hälfte. Fast 70 Prozent glauben, dass sie sich wegen den Finanzen später pensionieren lassen können, als sie es sich wünschen.
Global ist es für die Arbeitnehmenden wichtig, die Werte und Ziele der Firma zu teilen. 54 Prozent der Befragten würden kündigen, wenn sie sich nicht dazugehörig fühlen. Bei der Generation Z sind es sogar 61 Prozent.
Sollen die Firmen den Angestellten bei der Bewältigung der steigenden Lebenshaltungskosten helfen? In der Schweiz fordern dies weniger Menschen als im Ausland. 18 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden ziehen in Erwägung, ihren Job zu kündigen, um mit einem allfälligen höheren Lohn besser über die Runden zu kommen.
Lieber arbeitslos als unglücklich am Arbeitsplatz?
Auch ein guter Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit ist zentral: Zwei Drittel der Menschen in der Schweiz würden einen Job, der ihre Work-Life-Balance negativ beeinflusst, gar nicht erst annehmen. Und 93 Prozent der befragten Schweizerinnen und Schweizern ist es wichtig, einen sicheren Job zu haben.
Zudem würde jede zweite befragte Person in der Schweiz in Erwägung ziehen, einen Job zu kündigen, wenn dieser sie davon abhält, ihr Leben zu geniessen. Können sich die Mitarbeitenden in der Schweiz nicht mit den Unternehmenswerten identifizieren, würden gar 57 Prozent ihren Job kündigen.
Im globalen Vergleich messen die Schweizerinnen und Schweizer ihrem Job einen geringeren Stellenwert bei: 64 Prozent gaben an, dass er für sie eine wichtige Bedeutung hat, weltweit sind es 72 Prozent.
«Die Generation Z gibt ihrem Privatleben einen höheren Stellenwert als ihrem Berufsleben»

«Der Arbeitskräftemangel hat die Arbeitnehmenden in eine Position gebracht, in der sie für ihre Wünsche einstehen können», sagt Bernhard Hänggi, CEO von Randstad Schweiz, im Gespräch mit der Redaktion.
Herr Hänggi, die Menschen in der Schweiz reagieren gelassen auf die wirtschaftlichen Turbulenzen. Warum?
Im europäischen Vergleich ist die Schweizer Wirtschaft eine der sichersten - auch in Krisenzeiten. Zudem macht sich die Inflation hierzulande sehr viel weniger bemerkbar als zum Beispiel in Frankreich, Deutschland und Italien. Hinzu kommt, dass Schweizerinnen und Schweizer grundsätzlich ein recht solides Vertrauen in unsere Wirtschaft und ihre Arbeitgeber haben. Das hilft, die Lage gelassener zu sehen.
Nur 18 Prozent der befragten Menschen in der Schweiz ziehen in Erwägung, ihren Job zu kündigen, um dank eines höheren Salärs besser über die Runden zu kommen. Warum ist dieser Wert tiefer als im Ausland?
Das Leben hier ist zwar teurer, das Wohlstandsniveau aber hoch. Die durchschnittliche Jahresteuerung 2022 lag in der Schweiz bei 2,8 Prozent. Damit sind wir im europäischen Vergleich auf dem letzten Platz.
Gibt es weitere Gründe?
Ja, unser hoher Lebensstandard und die Bemühungen der Arbeitgeber, die Inflation bestmöglich auszugleichen. 42 Prozent der Befragten geben an, dass ihr Arbeitgeber sie bei den erhöhten Lebenshaltungskosten unterstützt. All das führt dazu, dass viele Arbeitnehmende nicht auf eine neue Beschäftigung angewiesen sind.
Die Arbeitnehmenden in der Schweiz messen ihrem Job weniger Bedeutung zu als die im Ausland. Warum?
Diesen Trend haben wir schon im vergangenen Arbeitsbarometer beobachtet – vor allem bei den jüngeren Generationen. Auch in der aktuellen Studie geben die GenZ und die Millennials ihrem Privatleben einen höheren Stellenwert als ihrem Berufsleben. Ihnen ist Work-Life-Balance sehr wichtig. Sie wünschen sich einen Arbeitgeber, mit dessen Werten sie sich identifizieren können und bei dem sie einen Sinn in ihrer Arbeit finden.
Hat auch der aktuelle Arbeitskräftemangel damit zu tun?
Ja, er hat die Arbeitnehmenden in eine Position gebracht, in der sie für ihre Wünsche einstehen können. Auch das hohe Wohlstandsniveau, gekoppelt mit den Krisen in den letzten Jahren, hat einen solchen Einfluss auf Menschen. Ganz nach dem Motto: Jetzt das tun, was einem wichtig ist - wer weiss, was noch kommt.
Fast jede zweite Person in der Schweiz nimmt einen Job ohne flexible Arbeitszeiten nicht mehr an. Sind sich die Firmen dessen bewusst?
Laut Arbeitsbarometer sagen 55 Prozent der Arbeitnehmenden, dass sie mit der Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten ihres Arbeitgebers zufrieden sind. Für die Arbeitgeber gibt es also noch Luft nach oben – zumindest was die Wahrnehmung der Arbeitnehmenden betrifft. Spannend ist zudem, dass die Forderung nach Flexibilität seit der Pandemie in jedem Job-Interview ein Thema ist. Wichtig ist, dass sich alle Arbeitgeber mit der Forderung nach Flexibilität beschäftigen, wenn sie Talente gewinnen und halten möchten.
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