Doppel-Partner Yves Allegro: «Federer ist nicht nur wegen seiner Titel der Grösste aller Zeiten»

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Doppel-Partner Yves Allegro«Federer ist nicht nur wegen seiner Titel der Grösste aller Zeiten»

Dem Tennis-Fan lieferte Roger Federer 20 Jahre lang Freude und Vergnügen – den Berufskollegen noch viel mehr. 20 Minuten hat mit King Rogers ehemaligem Doppel-Partner Yves Allegro (44) gesprochen.

Silvan Haenni
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Silvan Haenni

Roger Federer tritt mit dieser emotionalen Botschaft zurück

Darum gehts

Kaum einer kennt das Schweizer Tennis so gut wie er – und kaum einer schwärmt mehr von Roger Federer. Die Rede ist von Yves Allegro. Mit dem mittlerweile 44-jährigen Jugendfreund teilte der Maestro einst die Wohnung und ging mit ihm als Doppel-Partner auf Titeljagd. Nach langjährigen Engagements als Trainer bei Swiss Tennis figuriert der Frauenfelder, der im Doppel-Ranking immerhin einst die Nummer 32 der Welt war, mittlerweile als Coach des Schweizer Nachwuchstalents Leandro Riedi (20). 20 Minuten hat mit Yves Allegro über den Rücktritt von Federer gesprochen.

Yves Allegro, jetzt ist es passiert, Roger Federer ist zurückgetreten. Was ist Ihnen im ersten Moment durch den Kopf geschossen?

Wie schade das für uns alle ist. Irgendwie hatte ich den Eindruck, es würde nie enden. Roger hat die Schweiz 20 Jahre lang begleitet. Langsam dachten wir doch alle, dass Federer unsterblich sei.

Unsterblich?

Er ist vergangenes Jahr mit 40-50 Prozent seiner physischen Kapazität noch einmal bis in den Wimbledon-Viertelfinal vorgedrungen. Das ist Wahnsinn.

Nun aber doch der Rücktritt…

Ja. Klar, war uns allen bewusst, dass der Moment irgendwann kommen würde. Trotzdem hoffte ich irgendwie, dass er nie kommen würde.

Sie haben mit Roger Federer viel Zeit verbracht. An welche Anekdote denken Sie besonders gerne zurück?

Hach, da gibt es so viele. Wir haben mit ihm eine dermassen geile Zeit erlebt, dass es schwierig ist, etwas herauszuheben. Wir als Spieler hatten das Glück, ihn 20 Jahre als Kollege und Freund zu haben. Da ist so viel passiert.

Können Sie nicht ein Beispiel nennen?

Als wir vor vielen Jahren – ich glaube 2009 war es – in Indian Wells spätabends zu einem Doppel-Match gegen die berüchtigten Bryan Brothers antreten mussten, war die Motivation im Keller. Erstens, weil Rogers Rücken nicht 100% gesund war. Zweitens, weil es hiess, wir müssten um neun oder zehn Uhr abends noch antreten, weil es sich um ein TV-Spiel handle, bei unserer Ankunft aber die Kameras abgedeckt waren. Und drittens, weil die Bryans sowieso haushoch überlegen sein würden. Als wir schliesslich spielten, trat Roger mit seiner Rolex am Handgelenk an. Das tat er sonst nie. Er fragte schmunzelnd: «Wie spät ist es?» – und kurze Zeit und eine deutliche Niederlage später waren wir schon zurück in der Unterkunft, vor allen anderen. Monate später in Rom zog dann Federer demonstrativ seine Uhr ab – und prompt haben wir das Match gewonnen.

Gegen aussen ist er der makellose Athlet – wie ist Roger Federer als Teamkollege?

Es war grundsätzlich immer lustig mit ihm, er war immer positiv und gut gelaunt. Für uns als Tennis-Profis war es die bestmögliche Zeit. Wir konnten mit dem grössten Spieler aller Zeiten unterwegs sein.

Weshalb ist er für Sie der grösste Spieler aller Zeiten?

Man wird nicht der Grösste, nur weil man Titel gewinnt. Roger Federer hat die Tennis-Landschaft nachhaltig verändert und den Sport für alle Spielerinnen und Spieler besser gemacht.

Wie?

Durch ihn wurde Tennis noch viel populärer und zum Weltsport, das es heute ist. Dank ihm verdienen Athletinnen und Athleten beispielsweise heute viel mehr Geld und sind grössere Stars.

Auch der Grösste hört irgendwann auf. Was passiert nun mit dem Schweizer Tennis?

Das liegt nun an euch Journalistinnen und Journalisten. (lacht) Man muss sich eines bewusst werden: Wir haben zurzeit neun Spielerinnen und Spieler in den Top 100. Auch in den Top 300-400 haben wir so viele Cracks wie niemals zuvor. Dem Schweizer Tennis geht es besser denn je. Nur sind die Erwartungen in der Schweiz stets sehr hoch. 

Will heissen?

Die USA, Frankreich und Australien beispielsweise veranstalten Grand-Slam-Turniere, sind grosse Tennis-Nationen – haben aber allesamt schon viele Jahre keinen Grand-Slam-Sieger mehr gehabt. Auch hier gilt: Titel sind nicht alles. Man muss sich bewusst werden, dass wir in den vergangenen Jahren extrem verwöhnt worden sind.

Es wird also länger dauern, bis wir wieder Erfolg haben werden?

Den Erfolg der vergangenen Jahre werden wir nicht immer haben können. Aber wenn wir den starken Weg weitergehen, den unter anderem Swiss-Tennis-Sportchef Alessandro Greco eingeschlagen hat, wird die Schweiz irgendwann wieder Titel gewinnen.

Irgendwann?

Ja. Man darf nicht vergessen, dass die Schweiz in Sachen Spitzensport keine Sportnation ist. Junge Talente beispielsweise müssen sich ihre Laufbahn privat finanzieren. Wir sind höchstens im Breitensport eine Sportnation.

Welche Botschaft haben Sie für Roger Federer zu dessen Rücktritt bereit?

Einfach nur «Merci». «Merci für alles, was du für uns Spieler gemacht hast». «Merci, dass du Tennis besser gemacht hast.»

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Yves Allegro (l.) und Doppel-Partner Roger Federer beim Davis Cup 2007 in Prag gegen Tschechien.

Yves Allegro (l.) und Doppel-Partner Roger Federer beim Davis Cup 2007 in Prag gegen Tschechien.

imago/Laci Perenyi
Zusammen mit Yves Allegro (l.) hat Roger Federer mehrere Doppel-Titel gewonnen. So zum Beispiel 2003 in Wien und 2005 in Halle.

Zusammen mit Yves Allegro (l.) hat Roger Federer mehrere Doppel-Titel gewonnen. So zum Beispiel 2003 in Wien und 2005 in Halle.

imago/Laci Perenyi
In der Jugend haben sich die beiden sogar eine Wohnung geteilt.

In der Jugend haben sich die beiden sogar eine Wohnung geteilt.

imago/Laci Perenyi

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Turnier: Wimbledon
Jahr: 2003
Grand-Slam-Titel: 1

Turnier: Wimbledon

Jahr: 2003

Grand-Slam-Titel: 1

Action Images
Turnier: Australian Open
Jahr: 2004
Grand-Slam-Titel: 2

Turnier: Australian Open

Jahr: 2004

Grand-Slam-Titel: 2

REUTERS
Turnier: Wimbledon
Jahr: 2004
Grand-Slam-Titel: 3

Turnier: Wimbledon

Jahr: 2004

Grand-Slam-Titel: 3

REUTERS

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