Freiburg: Feldschlösschen macht Cardinal dicht

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FreiburgFeldschlösschen macht Cardinal dicht

Der traditionsreichen Brauerei wird per Juni 2011 der Hahn zugedreht. Das gleichnamige Bier wird aber weiterhin produziert – im Aargau. Die Reaktionen bleiben nicht aus.

57 der Angestellten in Freiburg erhalten von der Feldschlösschen- Gruppe, zu der Cardinal gehört, in den nächsten Tagen ein Angebot für eine neue Stelle. Die übrigen 18 werden vorzeitig pensioniert, wie Feldschlösschen-Chef Thomas Metzger am Dienstag in Freiburg vor den Medien bekanntgab. Nach der Schliessung will Feldschlösschen das Areal in Freiburg verkaufen.

Folge eines dänischen Entscheids

Feldschlösschen begründet den Entscheid mit einem Beschluss der Carlsberg-Gruppe, zu der die Schweizer Nummer 1 im Biergeschäft seit 2000 gehört. Das dänische Mutterhaus habe entschieden, die bisher in Rheinfelden angesiedelte Produktion von alkoholfreiem Exportbier ins Elsass zu Kronenbourg zu verlagern.

Hinter diesem Entscheid stehen laut Metzger die Globalisierung des Handels, der damit steigende Druck auf die Profitabilität, der rückläufige Bier-Konsum in Westeuropa und Überkapazitäten in diesem Gebiet. Kronenbourg könne zudem billiger produzieren als Feldschlösschen, sagte Metzger auch.

Dazu kommt, dass bei Cardinal in den letzten Jahren die Anlagen nur zu 40 Prozent ausgelastet waren.

In dieser Situation habe es betriebswirtschaftlich gesehen nichts anderes gegeben, als die Bierproduktion in Rheinfelden zu konzentrieren, so Metzger. Die ins Elsass ausgelagerte Bierproduktion entspricht etwa der bisher in Freiburg gebrauten Menge.

An der Marke Cardinal - der Nummer 2 in der Schweiz - will Feldschlösschen nicht rütteln: Cardinal bleibe «ein wichtiger Pfeiler im umfassenden Bierportfolio», teilte das Aargauer Unternehmen mit. Die zahlreichen Sponsoringverträge von Cardinal würden weitergeführt.

Um in Freiburg Entlassungen zu vermeiden, werde es auch an anderen Unternehmensstandorten in der Schweiz zu vorzeitigen Pensionierungen kommen. Kündigungen könnten vermieden werden, wenn die Freiburger Angestellten die Jobangebote in Rheinfelden und an anderen Standorten annänhmen.

Schockiert

Der Freiburger Staatsrat reagierte überrascht und schockiert. Die Kantonsregierung wird die Geschäftsleitung von Feldschlösschen auffordern, auf die Schliessung der Brauerei Cardinal per Juni 2011 zu verzichten, wie Staatsratspräsident Beat Vonlanthen am Dienstag bekanntgab.

Auch die Freiburger Stadtregierung wollte den Entscheid noch am Dienstag besprechen und rasch mit Vertretern von Feldschlösschen zusammensitzen. Der Freiburger Stadtammann Pierre-Alain Clément (SP) führte den Entscheid in einer ersten Stellungnahme auf die Globalisierung zurück. Er hoffe, dass es zu keinen Kündigungen komme, sagte Clément der Nachrichtenagentur SDA.

Der Freiburger Gemeinderat drückte den Angestellten von Cardinal seine Anteilnahme über den «unvermeidlichen Entscheid» aus.

Das Personal der Brauerei Cardinal ist laut der Gewerkschaft Unia «schockiert». Die Mehrheit der Angestellten traf sich am Dienstagnachmittag zu einer Aussprache. Kampfmassnahmen wurden nicht beschlossen.

Hingegen fordere die Belegschaft Feldschlösschen auf, wie bei einer Massenentlassung das Personal zu konsultieren, sagte der Unia- Gewerkschaftssekretär Armand Jaquier. Das bedeutet, dass die Cardinal-Belegschaft das Recht haben will, bis in vier Wochen Feldschlösschen Alternativen zur Schliessung vorlegen zu können.

Auf Facebook bildete sich umgehend eine Gruppe «Cardinal gehört Freiburg», die am Dienstagabend bereits 500 Mitglieder hatte.

Schon 1996 drohte Cardinal Schliessung

Im Vergleich zu 1996, als Feldschlösschen - damals noch als Feldschlösschen-Hürlimann-Holding - schon einmal Cardinal schliessen wollte, hätten sich die Verhältnisse geändert, sagte der Freiburger Stadtamman Clément weiter. Dies, da Feldschlösschen nun seinerseits eine Tochtergesellschaft sei.

1996 war bei Cardinal der Abbau von 200 der damals 300 Stellen geplant. Kurze Zeit später protestierten in der Saanestadt 10'000 Menschen auf der Strasse gegen den Entscheid. 80'000 unterzeichneten eine Petition an Feldschlösschen. Danach nahm das Aargauer Unternehmen den Beschluss zurück.

(Video: Keystone)

(sda)

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