Finanzplatz SchweizFinma lässt die Muskeln spielen
Die Finanzmarktaufsicht ermittelt gegen mehrere Banken im Zusammenhang mit der Entgegennahme von Schwarzgeldern. Ob die Bank Wegelin darunter ist, will Finma-Direktor Patrick Raaflaub nicht sagen.
- von
- Balz Bruppacher

«Niemand und schon gar kein Banker kann sagen, dass er nichts gewusst hat», sagte der Finma-Direktor Patrick Raaflaub.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) zeigt sich selbstbewusst. An der Jahresmedienkonferenz in Bern unterstrich Präsidentin Anne Héritier Lachat am Dienstag die Unabhängigkeit der Behörde gegenüber der Politik wie auch gegenüber Banken und Versicherungen. Und Direktor Raaflaub machte den Banken klar, dass sie ihre Spitzenposition im grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft ohne radikales Umdenken nicht halten können. Dieser zentrale Geschäftsbereich stehe vor der grössten Veränderung seit über 100 Jahren, sagte der oberste Bankenaufseher.
Gemeint ist die Umstellung auf das Geschäft mit versteuerten Geldern. «Es kann kein Geschäftsmodell sein, Steuerhinterziehung von Ausländern zu ermöglichen oder stillschweigend zu dulden», sagte Raaflaub. Er wehrte sich gegen den Vorwurf, die Finma habe es versäumt, die Banken vor der Entgegennahme von ehemaligen US-Kunden der UBS zu warnen. Der Fall der Grossbank, die wegen des Geschäfts mit Schwarzgeldern aus den USA in Existenzprobleme geriet, habe sich im Lichte der Öffentlichkeit abgespielt. «Niemand und schon gar kein Banker kann sagen, dass er nichts gewusst hat», sagte der Finma-Direktor an die Adresse jener elf Banken, die im Visier der US-Justiz sind. Die Finma habe zudem seit längerem vor und hinter den Kulissen vor den Risiken im Crossbordergeschäft gewarnt.
Dilemma unversteuerte Gelder
Raaflaub gab bekannt, dass die Finma in diesem Bereich inzwischen in «einigen Fällen» mit Enforcement-Verfahren interveniert hat. Das heisst, mit formellen Untersuchungen, bei denen Sanktionen bis zu Berufsverbot und Lizenzentzug drohen. Letztes Jahr hatte die Finma nur ein solches Verfahren bestätigt. Gegen wen sich die Ermittlungen richten, will die Finma unter Berufung auf das Amtsgeheimnis nicht sagen. Auch die konkrete Frage, ob die Bank Wegelin betroffen sei, beantwortete Raaflaub nicht. Er nannte aber Muster von Verhaltensweisen, die zum Einschreiten der Aufsichtsbehörde führten. Dazu gehören offensichtliche Missbräuche bei den Dokumentationspflichten, die falsche Verbuchung von Bargeld-Transaktionen und Dreiecksgeschäfte. Das Dilemma der Finma ist auch darin begründet, dass die Entgegennahme von unversteuerten Geldern den Schweizer Banken nach wie vor nicht verboten ist.
Raaflaub machte deutlich, dass es seiner Meinung nach mit den zurzeit von Bundesrat und Branche diskutierten Massnahmen für eine Weissgeldstrategie kaum getan ist. Der Ausbau der Sorgfaltspflichten der Banken sei ein möglicher Ansatz. «Es braucht aber ein radikaleres Umdenken, denn der Trend geht international und weltweit klart in Richtung eines stärkeren Austauschs von Informationen», sagte Raaflaub. Auf die Frage, ob er damit den automatischen Informationsaustausch für unvermeidlich hält, wich der oberste Bankenaufseher aus. Es sei nicht an der Finma, darüber zu spekulieren. Die Abgeltungssteuer – sie soll nach dem Willen von Bundesrat und Banken den automatischen Informationsaustausch verhindern – bezeichnete Raaflaub als attraktives und mögliches Instrument, um ein Problem zu vermeiden.
Nach wie vor seien die Voraussetzungen sehr gut, dass sich der Finanzplatz im Vermögensverwaltungsgeschäft behaupten könne, sagte Raaflaub. In seiner Aufzählung der guten Rahmenbedingungen fehlte aber das Bankgeheimnis. Die Finma selber will ihren Beitrag zur Qualitätssicherung durch eine aufmerksame und unbestechliche Aufsicht leisten. Nicht ihre Aufgabe sei es hingegen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu fördern. Raaflaub brachte damit zum Ausdruck, dass er den im Gesetz erwähnten Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit klar als Ausfluss und nicht als Ziel der Aufsichtstätigkeit interpretiert.