Jobsuche umgedreht: Firmen beginnen, sich bei Mitarbeitern zu bewerben

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Jobsuche umgedrehtFirmen beginnen, sich bei Mitarbeitern zu bewerben

Die Jobsuche dreht sich um: Nicht mehr Mitarbeiter müssen sich anpreisen, sondern Firmen. Dabei gehen sie unterschiedliche Wege.

Isabel Strassheim
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Isabel Strassheim

Hält Stelleninserate für unbrauchbar: Personalberater Jörg Buckmann.

Normale Stellenausschreibungen genügen nicht mehr. «Das ist etwas aus dem letzten Jahrhundert», sagt Personalberater Jörg Buckmann zu 20 Minuten. Weil es immer schwieriger wird, Kandidaten zu finden, müssten die Unternehmen sich mehr Mühe geben. «Die Jobsuchenden sind bei Bewerbungen nicht mehr die Bittsteller, sondern es sind die Firmen», so Buckmann.

Umgekehrt ist auch die Erwartung der Arbeitnehmer gestiegen, wie Personalexperte Johannes Smits von PWC betont. «Arbeitgeber müssen auf einen viel stärker von Kandidatenseite getriebenen Markt reagieren.» Sie kämpfen also darum, die richtigen Talente zu gewinnen.

«Zeitgemässes Recruiting»

«Zeitgemässes Recruiting» nennt das die Fluggesellschaft Swiss. Weil sie wegen der Einführung einer neuen Flotte viele Stellen zu besetzen hat, schreckt sie nicht vor einer Marketingkampagne zurück. So schickte sie etwa vergangenes Jahr Flugbegleiter in Uniform in ein Zürcher Tram und liess sie Flyer mit dem Titel «Arbeiten bei Swiss» verteilen. «Der Erfolg bestätigt solche neuen Wege», sagt Swiss-Sprecherin Meike Fuhlrott.

Auch die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) setzen neue Standards: Bei einer Stellenausschreibung stellt sich der künftige Chef oder die Chefin den Interessierten vor. Und zwar per Video auf der Website. Dort wird auch der neue Job mit seinen Aufgaben gezeigt, und das künftige Team präsentiert sich. «Wir holen künftige Mitarbeitende dort ab, wo sie uns suchen, und erreichen mehr Aufmerksamkeit, um als Arbeitgeber noch attraktiver zu werden», sagt VBZ-Sprecherin Daniela Tobler.

Weiter denkt auch der Telekomkonzern Swisscom und dreht den Spiess um: Für Stellenausschreibungen werden diejenigen interviewt, die neue Mitarbeiter suchen. «Was macht diesen Job aus deiner Sicht spannend und herausfordernd?», werden sie gefragt. Die Antworten sollen Jobsuchende zur Bewerbung motivieren.

Arbeitgebermarke und Leistungsversprechen

Laut dem PWC-Personalexperten Smits braucht es eine starke Arbeitgebermarke und ein klares Leistungsversprechen. «Kandidaten müssen vom Arbeitgeber überzeugt werden.» Dies gelinge nur mit hohem Engagement, Dynamik und schnellen Entscheidungen.

«Für die Credit Suisse werden Social Media für den Dialog mit potentiellen Mitarbeitern immer wichtiger», sagt CS-Sprecherin Anitta Tuure. Um mit neuen Tech-Talenten in Kontakt zu kommen, reicht dies aber nicht. Die Grossbank passt deshalb ihre Kanäle laufend an und nutzt etwa verstärkt Hacker-Marathons, Veranstaltungen zur Entwicklung von Hard- und Software, um auf sich aufmerksam zu machen.

Migros versucht es mit Humor

Die Migros wiederum stellt in 100 Videos verschiedene Berufe in ihrem Genossenschaftsbund vor. Auch Coop setzt auf Videos, die humorvoll Mitarbeiter und ihre Berufe vorstellen.

Andere Wege geht die Schweizer Modekette Tally Weijl: Sie nutzt unter anderem Radio-Jingles in ihren Läden, um für freie Stellen zu werben. Und sie schreckt nicht davor zurück, Kundinnen, die als Verkaufskräfte in Frage kommen, direkt darauf anzusprechen.

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