ZuwanderungFirmen sollen zahlen, wenn sie Leute aus dem Ausland holen
Die SVP will, dass weniger Leute in die Schweiz kommen. Ein Mittel dagegen wäre die Zuwanderungssteuer, die Firmen oder zugewanderte Arbeitskräfte zahlen müssten.
- von
- Claudia Blumer
Darum gehts
Die SVP hat im Wahljahr mehrere Themen; eines davon ist Zuwanderung, die reduziert werden soll.
Ein Instrument, das die SVP vorschlägt, ist eine Zuwanderungssteuer: Leute, die einwandern, beziehungsweise ihre Arbeitgeber, sollen eine Abgabe bezahlen.
Das hätte einen negativen Impact auf die Wettbewerbsfähigkeit, sagt Economiesuisse.
Die SVP will im Wahljahr nicht nur die «Gender- und Woke»-Ideologie bekämpfen, sondern auch die Zuwanderung. Jetzt müsse man über Steuerungsmechanismen sprechen, sagt Nationalrätin und SVP-Programmchefin Esther Friedli im Interview mit den Tamedia-Zeitungen.
Eines der Instrumente, die der SVP vorschweben, ist die Zuwanderungssteuer. «Zuwanderer müssten garantieren, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können», sagt Friedli. «Um das zu erreichen, wäre eine Variante eine Zuwanderungssteuer, die so hoch ist, dass sie sich nur lohnt, wenn ein echtes Bedürfnis für diesen Arbeitnehmer vorhanden ist.»
«Nicht den Pizzaiolo aus Neapel holen»
Der Ökonom Reiner Eichenberger hatte die Idee einer «Kurtaxe» für zugewanderte Arbeitskräfte schon vor Jahren thematisiert, ihm schwebte ein Betrag von rund 5000 Franken pro Person vor. Die zugewanderte Person zahlt die Abgabe oder aber das Unternehmen, das eine Arbeitskraft aus dem Ausland rekrutiert. SVP-Nationalrätin Martina Bircher sagt: «Wenn Firmen für Arbeitskräfte aus dem Ausland zahlen müssen, überlegt sich ein Firmenchef vielleicht zweimal, ob er den Pizzaiolo wirklich aus Neapel holen will oder vielleicht doch zuerst mit dem RAV schaut, ob es inländische Arbeitskräfte gibt, die geeignet wären.» Auch würde eine solche Massnahme die Angestellten davor schützen, durch zugewanderte Arbeitskräfte aus EU-Ländern ersetzt zu werden, sagt Bircher.
«Die Zuwanderung, wie wir sie heute haben, bringt uns nicht mehr Wohlstand, im Gegenteil», sagt die Aargauerin. Man müsse sie reduzieren und gleichzeitig sicherstellen, dass jene, die wirklich gebraucht werden, weiterhin rekrutiert werden können. Eine Abgabe wäre da hilfreich, und zudem logisch, meint sie: «Personen, die in der Schweiz leben, zahlen ab Geburt Krankenkassenprämien. Die meisten Krankheitsfälle fallen aber erst im fortgeschrittenen Alter an. Wenn jemand mit 45 einwandert, zahlt er erst dann Krankenkassenprämien, profitiert aber sofort vom Gesundheitssystem.»
Kosten der Zuwanderung werden erforscht
Die SVP plant eine Volksinitiative, um die Zuwanderung auf hohem Niveau zu bremsen. Die Zuwanderungssteuer, wie Esther Friedli sie skizziert, wäre ein mögliches Instrument zur Umsetzung der Initiative, sagt Bircher.
Christoph Schaltegger, Ökonom an der Universität Luzern, erforscht die Auswirkungen und das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Zuwanderung. Noch kann er nicht sagen, wie viel ein Zuwanderer die Schweiz netto kostet oder ihr nützt und wie hoch folglich eine solche Abgabe sein müsste. Doch die Steuer sei auf jeden Fall ein gangbarer Weg, um die Zuwanderung zu steuern, sagt er.
«Wenn wir keinen Sozialstaat hätten, wäre es egal, dann würden die Leute zuwandern, wenn es Arbeit gibt, und wieder gehen, wenn es keine mehr gibt. Doch in einem ausgebauten Sozialstaat profitieren die Zugewanderten von einem System, zu dem sie oft wenig beigetragen haben. Das gefährdet den Gesellschaftsvertrag. Eine Zuwanderungssteuer würde dem entgegenwirken.»
«Bilaterale Verträge nicht gefährden»
Rudolf Minsch, Chefökonom bei Economiesuisse, hält nicht viel von der Idee. Zunächst einmal verstosse eine solche Steuer sehr wahrscheinlich gegen die Personenfreizügigkeit, weil sie ausländische Arbeitskräfte diskriminieren würde. Und die bilateralen Verträge zu gefährden, wäre fatal, sagt er: «Wir hätten Brexit-Verhältnisse mit ungewissen Folgen.»
Doch auch in der Sache ist Minsch skeptisch. «Es wäre schwieriger, Arbeitskräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Damit würde der Produktionsstandort geschwächt, es hätte einen negativen Impact auf die Wettbewerbsfähigkeit.» Die Folgen davon würden wir alle spüren, sagt Minsch. «Wir haben in der Schweiz verglichen mit dem Ausland eine enorme Kaufkraft. Ein tiefer Lohn bewegt sich hier um 4000 Franken, in Frankreich beträgt der Mindestlohn weniger als die Hälfte, von Italien nicht reden.» Das habe mit der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu tun. Allerdings: «Es käme darauf an, wie so eine Steuer ausgestaltet wäre. Ein paar Hundert Franken würden sich nicht gleich auswirken wie ein paar Tausend Franken.»
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