Fotos und MusikFirmen speichern riesige Mengen an Datenmüll
Über 80 Prozent der von Firmen gespeicherten Daten sind nicht geschäftsrelevant und verursachen hohe Kosten. Schuld daran sind auch die Mitarbeiter.
- von
- K. Wolfensberger
Schweizer Unternehmen haben im europäischen Vergleich die drittgrösste Menge an überflüssigen Daten auf ihren IT-Systemen gespeichert. Dies ist die Hauptaussage des «Databerg Report 2015» der Firma Veritas Technologies. Dem Bericht zufolge wendet eine durchschnittliche Firma hierzulande mit circa 1000 Terabyte an Daten jährlich 642'000 Franken auf, um sinnlose und triviale Daten wie Musik oder Fotos zu speichern. Laut den Studienautoren werden wertvolle IT‐Ressourcen so gebunden und verschwendet.
Denn tatsächlich seien nur 17 Prozent der von Schweizer Firmen gespeicherten Daten geschäftsrelevant. 43 Prozent seien de facto Datenmüll – hierzu gehören beispielsweise auch private Daten von Mitarbeitern wie Fotos oder Musik, die auf dem Firmennetzwerk gespeichert werden – den man am besten gar nicht speichern würde. Die verbleibenden 40 Prozent wiederum seien Daten, deren Inhalt und Wert den Unternehmen gar nicht bekannt sei.
Gut für die Cloud-Anbieter
«Die Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen Daten behalten, von denen sie bereits wissen, dass sie für ihr Geschäft keinen Wert haben», so Markus Mattmann von Veritas. Das Problem sei meist, dass IT‐Verantwortliche sich gar nicht überlegten, welche Daten tatsächlich wertvoll genug sind, um sie zu speichern. Freuen tut dies primär die Cloud-Anbieter, also Firmen, die die Datenspeicherung in externen Rechenzentren übernehmen und damit viel Geld verdienen.
Die Ergebnisse der Studie seien mit Vorsicht zu betrachten, sagt Hannes Lubich, Informatikprofessor an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). «Letztlich ist es Interpretationssache, welche Daten tatsächlich wertvoll für das Geschäft sind oder nicht», so der Experte zu 20 Minuten. Ein Beispiel: Viele Dokumente müssen gemäss Geschäftsbücherverordnung zehn Jahre lang aufbewahrt werden. In Jahr neun seien sie zwar meist nicht mehr geschäftsrelevant, dennoch gelte die Aufbewahrungsfrist.
Lubichs Fazit: «Natürlich ist es richtig, offensichtlich nicht benötigte Datenbestände aufzuspüren und zu eliminieren, aber mit solch plakativen Zahlen muss man vorsichtig umgehen.»
Es muss Regeln geben
Einen etwas anderen Fokus als Lubich legt Stella Gatziu Grivas, Professorin an der FHNW und Leiterin des dortigen Kompetenzschwerpunkts Cloud Computing: «Für den Umgang mit Daten brauchen Firmen interne Richtlinien.» Ansonsten gehe schnell die Kontrolle verloren. Dies wiederum könne zu Problemen mit den Gesetzen zum Datenschutz führen.
Ein Beispiel: Wenn Mitarbeiter Daten über einen Gratis-Dienst wie Dropbox speichern, ist dies praktisch, geht schnell ohne eine Kostenbewilligung und unterstützt den Austausch und die Zusammenarbeit. De facto hat ein Unternehmen aber keine Kontrolle über den Verbleib und den Umgang mit den Daten durch Dropbox, so Gatziu.
Wenn eine Firma nun Regeln zum Umgang mit Daten schafft – und zum Beispiel die Daten klassifiziert und klar definiert, welche Daten auf Dropox geladen werden dürfen und welche nicht – beantworte dies ausserdem die Frage, welche Daten wertvoll sind und welche nicht, meist gleich mit. Der Grund: Wertvolle Daten sollen ausserhalb des Unternehmens nur nach vorausgehender Evaluation des Providers gespeichert werden. Die Schaffung von Regeln ermöglicht schliesslich auch die Löschung unnötiger, kostenpflichtig abgespeicherter Datenbestände und führt somit zu Einsparungen.
Der Databerg Report 2015
Der Databerg Report 2015 von Veritas wurde von Vanson Bourne von Juli bis September 2015 erhoben. Die Ergebnisse basieren auf den Antworten von 1'475 Teilnehmern aus 14 Ländern. Zu den Befragten gehören ITVerantwortliche mit einem Fokus auf strategische Planung, Betrieb und taktische Funktionen.