Start-up-Service: Ein Ghostwriter für dein Datingprofil – bringt das etwas?

«Lehn dich zurück und erhalte Dates, die zu dir passen»: Das ist das Versprechen eines neuen Zürcher Start-ups. «Tinderio» sammelt auf Datingprofilen Matches und arrangiert Verabredungen – ohne dass man selbst einen Finger krümmen muss. Günstig ist der personalisierte Dienst allerdings nicht: Je nach Zeitaufwand kostet ein Abo zwischen 895 und 1200 Franken pro Monat.

Auf der Website der Firma wird das Prozedere erklärt: Auf dem Plan steht zunächst ein 60-minütiges Gespräch mit dem «persönlichen Matchmaker». Dort sollen die Ziele, Interessen und der Schreibstil des Auftraggebers oder der Auftraggeberin evaluiert werden. «Du wählst den Stil aus, der am besten zu deiner Persönlichkeit passt, damit wir mit dem ersten Profil, das wir dir präsentieren, gleich loslegen können», schreibt das Unternehmen.

Sobald die Kriterien der «Wunschkandidatinnen» oder «Wunschkandidaten» angegeben wurden, macht sich der Ghostwriter an die Arbeit: Vier oder mehr Dates pro Monat sollen so möglich sein. Die Firma richtet sich auf der Website vor allem an Männer: «Die richtige Frau auf eigene Faust zu treffen, erfordert jede Woche stundenlange persönliche Bemühungen. Singles auf Dating-Apps verbringen durchschnittlich zwölf Stunden pro Woche mit Swipen, Chatten und dem Versuch, ein Date zu vereinbaren.»

Wird so die potenzielle Partnerin oder der potenzielle Partner im Chat nicht in die Irre geführt? Mitgründer Sven Affeltranger verneint dies: «Wir achten stark darauf, dass der Matchmaker den Auftraggeber oder die Auftraggeberin so repräsentiert, als würde dieser oder diese selbst schreiben.» Beim Schreiben werde zudem ein möglichst schnelles Treffen angezielt, wo schliesslich die «echte» Person auftauche. «Das hat zusätzlich den Vorteil, dass der Auftraggeber völlig unvoreingenommen und ohne zu grosse Hoffnungen ans Date geht und dieses – gemäss unseren Erfahrungen – meist sehr erfolgreich verläuft.»

Um Missverständnisse zu vermeiden, frage der Ghostwriter zudem bei jedem Match nach, ob der Auftraggeber oder die Auftraggeberin auch einen Chat starten soll. «Werden Fragen gestellt, die wir nicht beantworten können, halten wir natürlich auch Rücksprache», sagt Affeltranger. 

Die Idee zu «Tinderio» sei während der Arbeit in einem anderen Start-up entstanden, sagen die beiden Gründer, Sven Affeltranger und Leonardo Reinhard. «Durch lange Arbeitstage und kurze Wochenenden kam das romantische Sozialleben zu kurz», sagt Affeltranger. Um dem entgegenzuwirken, hätten die beiden einen Ghostwriter eingestellt, der ihre persönlichen Tinder-Profile verwaltet habe. «Als unsere Freunde da mitmachen wollten, wurde uns bewusst, dass wir einen Nerv getroffen haben.»

Derzeit betreuten sie vor allem Männer, aber auch Frauen hätten bereits angeklopft. Als Nächstes wollten sie 30 weitere Kundinnen und Kunden in die Kartei aufnehmen, sagt Affeltranger. «Ich selbst habe auf diesem Weg eine super Frau kennen gelernt. Ich kann also voll hinter dem Dienst stehen.» 

Für Dania Schiftan, Psychotherapeutin und Sexologin, könnten zahlreiche Personen von einem designierten Ghostwriter auf Datingprofilen profitieren. «Ich kenne viele Leute, die sich geschrieben nicht sonderlich gut ausdrücken können, aber im echten Leben super interessant sind.» Wenn der Matchmaker den Auftraggeber oder die Auftraggeberin gut erfassen könne und nicht einfach Textschablonen verwende, sei das ein spannendes Konzept und grundsätzlich positiv zu werten.

«Wichtig ist aber, dass die Person trotzdem noch immer authentisch ist», sagt Schiftan. Wenn es nämlich nur darum ginge, eine Person schöner, lustiger und interessanter wirken zu lassen, würde die Illusion spätestens bei einem Date in sich zusammenfallen. «Dann gäbe es auf beiden Seiten verletzte Gefühle, die eigentlich unnötig wären.» Doch wie es jetzt bereits gang und gäbe sei, sich für Fotos Unterstützung zu holen, werde das beim Schreiben wohl noch zunehmen. «Gerade beim Online-Dating sind das die Parameter, an welchen man gemessen wird.»