Endzeit-SzenarienForschende warnen wegen des Klimawandels vor Ende der Menschheit
Die Folgen des Klimawandels könnten laut einer neuen Studie der US-Akademie der Wissenschaften im schlimmsten Fall zum Aussterben der Menschheit führen. Die Welt müsse anfangen, sich auf Endzeit-Szenarien vorzubereiten.
Darum gehts
Internationale Fachleute warnen im Fachjournal «PNAS» davor, den Klimawandel und seine Folgen zu unterschätzen.
Es gebe zahlreiche Hinweise darauf, dass der Klimawandel katastrophale Ausmasse annehmen könnte, so die Autorinnen und Autoren.
Laut dem nicht an der Studie beteiligten Klimaforscher Niklas Höhne ist das Worst-Case-Szenario des Aussterbens allerdings noch «relativ weit weg».
Der Klimawandel könnte nach Ansicht von Expertinnen und Experten im schlimmsten Fall zum Aussterben der Menschheit führen. Bisher wisse man zu wenig über solche Endzeit-Szenarien und deren Wahrscheinlichkeit, schreibt ein internationales Forschungsteam im Fachjournal «Proceedings» der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften, kurz «PNAS». In dem Artikel plädieren die Autorinnen und Autoren für ein umsichtigeres Risikomanagement und Forschung zu den schlimmstmöglichen Folgen des Klimawandels. Die Welt müsse anfangen, sich auf Endzeit-Szenarien durch den Klimawandel vorzubereiten.
«Sich einer Zukunft mit beschleunigtem Klimawandel zu stellen, ohne die schlimmsten Szenarien zu bedenken, ist bestenfalls naives Risikomanagement und schlimmstenfalls fatal töricht.»
«Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass der Klimawandel katastrophale Ausmasse annehmen könnte», schreiben die Fachleute, darunter der frühere und ein aktueller Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber und Johan Rockström. Trotz 30-jähriger Bemühungen seien die durch den Menschen verursachten Treibhausgas-Emissionen weiter gestiegen. «Selbst wenn man den schlimmsten Fall von Klimaänderungen ausser Acht lässt, ist die Welt auf dem besten Weg, bis zum Jahr 2100 einen Temperaturanstieg zwischen 2,1 und 3,9 Grad zu erleben.»
Noch «relativ weit weg»
Dennoch seien die Folgen einer Erwärmung um drei Grad bisher nicht ausreichend untersucht. Die Forschung fokussiere sich auf Szenarien, bei denen die Folgen des Klimawandels moderat seien. «Sich einer Zukunft mit beschleunigtem Klimawandel zu stellen, ohne die schlimmsten Szenarien zu bedenken, ist bestenfalls naives Risikomanagement und schlimmstenfalls fatal töricht», heisst es.
Für den Klimaforscher Niklas Höhne von der Universität Wageningen ist das Worst-Case-Szenario des Aussterbens noch «relativ weit weg». «Aber davor gibt es Abstufungen», sagte der Experte, der nicht an dem Artikel beteiligt war. «Dass ganze Landesteile und Länder nicht mehr bewohnbar sind, ist durchaus wahrscheinlich.» Zu einem ähnlichen Schluss kamen bereits Fachleute im Bericht des Weltklimarats aus dem Jahr 2021 (siehe Bildstrecke). Einige Veränderungen seien bereits «unumkehrbar», heisst es. Dazu zählt unter anderem der Anstieg des weltweiten Meeresspiegels.
Was ein Temperaturanstieg von 1,5 und drei Grad für Metropolen wie Kopenhagen, St. Petersburg und London bedeutet, zeigen die Visualisierungen eines Forschungsteams um Ben Strauss, von der Journalisten- und Wissenschaftsorganisation Climate Central:
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Hier findest du Hilfe:
Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
Hotline bei Angststörungen und Panik, Tel. 0848 801 109
Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen
Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Erwärmung hat weitreichende Folgen
In ihrem Artikel schreiben die Forschenden über die Ausweitung von Gebieten mit extremer Hitze – also einer jährlichen Durchschnittstemperatur von über 29 Grad Celsius. Gegenwärtig seien davon rund 30 Millionen Menschen in der Sahara und an der Golfküste betroffen. Laut Modellierungen des Teams könnten bis 2070 zwei Milliarden Menschen in solchen Gebieten leben.
Das zeige, wie komplex Klimafolgen sein könnten. «Bis 2070 werden diese Temperaturen und die sozialen und politischen Folgen zwei Atommächte und sieben Hochsicherheitslabore, in denen die gefährlichsten Krankheitserreger untergebracht sind, direkt betreffen», sagt Co-Autor Chi Xu von der chinesischen Universität Nanjing. «Es besteht ein ernsthaftes Potenzial für katastrophale Folgewirkungen.»
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler plädieren deshalb dafür, komplexere Zusammenhänge in künftige Risikobewertungen einzubeziehen. Sie warnen vor einer «Risikokaskade», bei der einzelne Folgen des Klimawandels weitere Probleme auslösten. So könnten Hitze und unbewohnbare Gegenden etwa zu Migration, sozialen Unruhen und internationalen Konflikten führen.
«Ein Schritt zu früh»
Ob solche Szenarien aber ausserhalb der Wissenschaft diskutiert werden sollten, sei fraglich. «Das ist für mich ein Schritt zu früh», sagt sie. «Im Dialog mit der Öffentlichkeit kommt man mit solchen Endzeit-Szenarien nicht weiter, wenn man noch nicht weiss, was genau auf einen zukommen kann, wann das passieren könnte und was man tun muss, um das Schlimmste zu verhindern.»
Höhne hält es dagegen für wichtig, Menschen über Worst-Case-Szenarien aufzuklären. «Wir müssen klar kommunizieren, was die Risiken sind. Und auf der anderen Seite sagen: Wir haben es noch in der Hand», sagt der Forscher. «Wir wissen, wie es geht, wir haben die Technologien und kennen die politischen Massnahmen. Es ist nicht einmal teuer, langfristig sogar billiger, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen.»
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