Gotthard-Abstimmung: «Frau Leuthard betreibt ein Doppelspiel»

Publiziert

Gotthard-Abstimmung«Frau Leuthard betreibt ein Doppelspiel»

Laut Doris Leuthard darf man heute keine Tunnel mit Gegenverkehr mehr bauen. Doch bei einem Gotthard-Zubringer ist genau das geplant. Was stimmt jetzt?

daw
von
daw

Die Gegner eines Sanierungstunnels am Gotthard greifen Doris Leuthard frontal an. «Die Verkehrsministerin betreibt bei der Sicherheit ein Doppelspiel. Das ist unehrlich», sagt Peter Kälin, Präsident der Vereinigung Ärzte für den Umweltschutz.

Stein des Anstosses sind die Aussagen Leuthards in der SRF-«Abstimmungsarena». Dort sagte die Bundesrätin, dass es auf dem Nationalstrassennetz zwar noch rund 90 Tunnels mit Gegenverkehr gebe. Aber: Heute dürfe man wegen der Sicherheit neue Tunnel europaweit nur noch «richtungsgetrennt im Zweiröhrensystem» bauen.

Tunnel mit Gegenverkehr geplant

Allerdings sind auch bei der neuen Axenstrasse Tunnelbauten mit nur einer Röhre geplant. So sollen sich die Autos im 4,4 Kilometer langen Sisikoner Tunnel und dem unmittelbar folgenden 2,9 Kilometer langen Morschacher Tunnel kreuzen. Den Ausbau des Gotthard-Zubringers, der fast eine Milliarde Franken verschlingen wird, planen die Kantone Schwyz und Uri – im Auftrag des Bundes. Auch bei anderen Tunnelbauten wie bei der Umfahrung Vingelz auf der N5 am Bielersee ist nur eine Röhre projektiert.

Für Kälin ist darum klar: «Das Sicherheitsargument ist bloss ein Vorwand, um die zweite Röhre durchzuboxen.» Die Argumentation der Befürworter sei «unredlich».

Das Sicherheitsargument verfange auch darum nicht, weil die neue Axenstrasse auch auf der Gotthard-Route zu Mehrverkehr führe. «Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung macht schon ein Mehrverkehr von drei Prozent den Sicherheitsgewinn einer zweiten Röhre wieder zunichte.»

«Unseriöser Vergleich»

Beim Bundesamt für Strassen (Astra) weist man die Vorwürfe zurück. «Ein Vergleich zwischen dem über 40-jährigen Gotthard und dem noch nicht gebauten Axentunnel ist völlig unseriös», sagt Sprecher Thomas Rohrbach. Der Bau des Gotthard-Strassentunnels habe 1970 begonnen. Er sei «ein Kind seiner Zeit», entstanden im «klassischen Sprengvortrieb». Das Ergebnis sei eine relativ enge, 17 Kilometer lange Röhre.

Die beiden neuen Tunnel am Axen würden von Beginn weg viel geräumiger sein als der heutige Gotthard und «die Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer massiv erhöhen», so Rohrbach. Auch seien sie viel kürzer als der Gotthard, weshalb das Risiko ein ganz anderes sei. Laut Gesamtprojektleiter Paul Gerber vom Schwyzer Tiefbauamt würde eine zweite Röhre zudem den finanziellen Rahmen sprengen.

Ob heute zwei Röhren gebaut werden müssen, hängt übrigens vom Verkehrsaufkommen ab: Die EU-Richtlinie zur Tunnelsicherheit wird gemäss einer Antwort des Bundesrates auf einen Vorstoss von Regula Rytz (Grüne) so ausgelegt, dass ab einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von 10'000 Fahrzeugen pro Tag und Spur eine zweite Röhre zwingend ist. Dies ist beim Gotthard gegeben – bei der Axenstrasse rechnet man dagegen für das Jahr 2030 nur mit 8600 Fahrzeugen täglich.

Deine Meinung