Demos gegen US-Abtreibungsurteil: «Niemand soll entscheiden, was eine Frau mit ihrem Körper macht»

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Demos gegen US-Abtreibungsurteil«Niemand soll entscheiden, was eine Frau mit ihrem Körper macht»

Dass das Oberste Gericht in den USA das Recht auf Abtreibung gekippt hat, schlägt auch in der Schweiz hohe Wellen. Das feministische Streikkollektiv geht in verschiedenen Schweizer Städten auf die Strasse.

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In St. Gallen versammelten sich…

In St. Gallen versammelten sich…

20min/Leo Butie
… am Dienstagabend gegen 19 Uhr rund 130 Demonstrierende.

… am Dienstagabend gegen 19 Uhr rund 130 Demonstrierende.

20min/Leo Butie
«Wir lassen uns nicht einschüchtern», so eine Rednerin vor Ort. Niemand solle entscheiden, was eine Frau mit ihrem Körper mache.

«Wir lassen uns nicht einschüchtern», so eine Rednerin vor Ort. Niemand solle entscheiden, was eine Frau mit ihrem Körper mache.

20min/Leo Butie

Darum gehts

Für Dienstagabend haben die feministischen Streikkollektive in verschiedenen Schweizer Städten zu Demonstrationen aufgerufen. Diese finden in Freiburg, Genf, La Chaux-de-Fonds, Luzern, Neuenburg, Sitten und St. Gallen statt. Eine Demonstrantin in Luzern sagt am Dienstag zu 20 Minuten: «Ich bin hier, um gegen die weltweite Unterdrückung und Einschränkung der Freiheit von Frauen meinen Beitrag zu leisen. Das, was in den USA entschieden wurde, ist absurd. Abtreibungen sind kein Spass für niemanden. Aber jede Frau muss das Recht haben, selbst eine Entscheidung treffen zu können.» Eine weitere Frau: «Es macht mich wütend, dass ich noch immer an solche Demonstrationen muss. Dass Frauen selbst in der Schweiz noch immer nicht sicher vor Übergriffen sind.» Dass nämlich der Staat entscheide, was eine ungewollt schwangere Frau zu tun hat, sei übergriffig. Auch in St. Gallen versammelten sich am Dienstag rund 130 Demonstrierende.

In Zürich ist eine Demonstration am Donnerstag geplant. In Lausanne will das Kollektiv am 1. Juli auf die Strasse gehen, um seine «Abscheu und Wut» zum Ausdruck zu bringen.

Der Oberste Gerichtshof der USA hat am Freitag das liberale Abtreibungsrecht gekippt. Damit machte der Supreme Court den Weg für schärfere Abtreibungsgesetze frei – bis hin zu kompletten Verboten in einzelnen Bundesstaaten. 

Scharfe Kritik an SVP-Nationalrätinnen

Dieser Gerichtsentscheid habe nichts mit «fürs Läbe» oder «Lebensschutz» zu tun, teilt das Feministische
Streikkollektiv Luzern stellvertretend für alle anderen feministischen Streikkollektive mit. Die Illegalisierung von Abtreibungen sei ausserdem kein «Gewinn für das Leben». «Abtreibungen finden statt, ob es christlichen Fundamentalistinnen und –Fundamentalisten, rechten Politikerinnen und Konservativen passt oder nicht. Doch werden die Abtreibungen in die Illegalität gedrängt und dadurch unter unsicheren Bedingungen durchgeführt und kosten somit Menschenleben», so das Streikkollektiv weiter.

Kritisiert werden auch die SVP-Nationalrätinnen Andrea Geissbühler und Yvette Estermann, die Ende Dezember 2021 gleich zwei Initiativen für weniger Schwangerschaftsabbrüche lanciert hatten. Die erste soll Frauen vor «überstürzten Entscheidungen» schützen und kommt unter dem Titel «Einmal-darüber-schlafen-Initiative» vors Volk, wenn bis zum 21. Juni 2023 die dafür benötigten Unterschriften zusammenkommen. Die zweite Initiative trägt den Titel «Lebensfähige-Babys-retten-Initiative». Bei dieser soll dem Fötus ab einem bestimmten Zeitpunkt ein absolutes Recht auf Leben zugestanden werden. Der Zeitpunkt solle definiert werden, wenn Föten auch ausserhalb des Mutterleibes überleben und atmen könnten.

Das Streikkollektiv bezeichnet diese Initiativen als «beschämend und beleidigend». «Wir alle haben bedingungslos das Recht, selbstbestimmte Entscheidungen über unsere Körper treffen zu können», heisst es in der Medienmitteilung.

«Männer entscheiden über unsere Körper»

Über 80’000 Frauen würden jährlich an den Folgen unsicherer, da illegalisierter, Abtreibungen sterben. Die Motivation der Abtreibungsgegnerinnen und -gegner sei einzig und allein, traditionell-konservative Strukturen zu verteidigen und das Patriarchat zu stärken, so der Vorwurf des Streikkollektivs. «Es geht darum, dass weiterhin Männer über unsere Körper entscheiden können», heisst es weiter.

«Mit der Demonstration am Dienstagabend wollen wir nicht nur gegen das Gerichtsurteil in den USA protestieren, sondern auch daran erinnern: Weltweit und alltäglich wird die Selbstbestimmung von Flinta-Personen und das Recht auf Abtreibung angegriffen. Von Polen über El Salvador bis in die USA – und auch in der Schweiz.» Flinta ist eine Abkürzung und steht für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen.

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