Zürcher Strichplatz: Freier müssen sich an strenge Regeln halten

Aktualisiert

Zürcher StrichplatzFreier müssen sich an strenge Regeln halten

Die Platzordnung für den neuen Strichplatz von Zürich ist ausgearbeitet: Freier dürfen nur mit dem Auto kommen, Velofahrer und Fussgänger sind ausgeschlossen.

lüs
von
lüs

Noch sind auf der Baustelle des Strichplatzes in Zürich-Altstetten erst die Tiefbauarbeiten im Gang: Derzeit wird die Strasse gebaut, auf der die Freier zu den Prostituierten fahren sollen. Schon am 26. August soll der Strichplatz mit den Sex-Boxen dann eröffnet werden.

Fertiggestellt ist mittlerweile bereits die Platzordnung für den Strichplatz, wie die NZZ berichtet. Sie reguliert das Verhalten der Freier, die sich auf dem Areal von den Prostituierten bedienen lassen wollen, streng. So dürfen die Männer ihr Auto grundsätzlich nicht mehr verlassen, wenn sie einmal auf das Gelände gefahren sind – aussteigen ist lediglich für den Gang zur Toilette oder den Besuch in einem der vier Wohnmobile erlaubt, die den Frauen neben den zehn Sex-Boxen als Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.

Zudem schreibt die Platzordnung vor, dass sich in den Freier-Autos nur eine Person befinden darf. Auch ein Gastro-Angebot ist nicht geplant: Etwas gemeinsam mit den Frauen trinken oder essen zu gehen, ist auf dem Areal nicht möglich. Milieu-Anwalt Valentin Landmann hätte sich auf dem Strichplatz Beizen oder Imbisststände gewünscht. Doch er verstehe, dass die Stadt darauf verzichte. «Einerseits wäre von solchen Lokalen auch soziale Kontrolle ausgegangen, andererseits hätten sich dort möglicherweise auch Leute eingenistet, die man dort lieber nicht sehen will.»

Strichplatz: Nachbarschaft in Angst

Die Platzordnung enthält zudem eine Regelung, die für das rot-grün regierte Zürich eine absolute Besonderheit darstellt: Wer den Strichplatz besuchen will, ist auf das Auto angewiesen. Velofahrer haben keinen Zutritt, auch das Motorrad als Fortbewegungsmittel ist nicht erlaubt. Auch Fussgänger haben keinen Zugang – eine Flaniermeile ist der Strichplatz nicht, auch, weil neben den Zuhältern auch Gaffer ferngehalten werden sollen. Dazu wurde an der Strasse vor dem Strichplatz ein Halteverbot erlassen.

Strichplatz Zürich: Bauarbeiten begonnen

«Warum kein Veloweg für Freier?»

Rebecca Angelini, Sprecherin der Fachstelle Frauenhandel und Fraunemigration (FIZ), kritisiert, dass es mit dem Verschwinden des Sihlquais in Zürich nur noch einen legalen Fussgängerstrich geben wird – jenen im Niederdorf. «Und der wurde erst noch zeitlich eingeschränkt.» Dabei bestehe in Zürich durchaus Bedarf an Zonen, an denen auch Fussgänger als Freier zugelassen seien. Sie würde es daher begrüssen, wenn Zürich zusätzlich zum Strichplatz einen Fussgängerstrich bekommen würde – am besten im Langstrassenquartier. Auch Landmann findet, dass Zürich Freiern, die zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs sind, eher wenig zu bieten habe: «Vielleicht könnte die Stadt noch einmal prüfen, ob sie nicht wenigstens einen Veloweg anlegt, mit dem Freier auf dem Fahrrad zu den Wohnwagen gelangen können, die auf dem Strichplatz stehen werden.»

Generell glaube er aber, dass der Strichplatz funktionieren werde. Auch Angelini sieht Verbesserungen für die Frauen: «Die Freiergewalt dürfte abnehmen.» Dazu trage etwa die Regel bei, dass in einem Freier-Auto nur eine Person zugelassen sei. Zudem sei gut, dass Sozialarbeiterinnen und Mitarbeiter von Sicherheit, Intervention, Prävention (SIP) während der gesamten Betriebszeit von 19 bis 5 Uhr vor Ort sein würden. Geplant ist dies für das erste halbe Jahr des Betriebs. «Vermutlich wäre es sinnvoll, dies auch danach so aufrecht zu erhalten», so Angelini.

«Kein Mittel gegen den Menschenhandel»

Gegen eines werde der neue Strichplatz trotz seines strengen Regelwerks allerdings nichts ausrichten können, ist Angelini überzeugt: «Der Menschenhandel lässt sich so nicht eindämmen – wenn die Zuhälter nicht am Platz anwesend sein können, werden sie die Frauen über das Handy kontrollieren.» Dies hätten Erfahrungen in Städten in Deutschland gezeigt, wo Sex-Boxen bereits in Betrieb sind.

Doch werden sich auch genug Frauen finden, die auch dem Strichplatz arbeiten wollen? Angelini will keine Prognose wagen: «Es wird sich zeigen, ob die Sexarbeiterinnen den neuen Arbeitsplatz akzeptieren oder irgendwo eine illegale Szene entsteht.»

Deine Meinung