Ägypten: Früherer UNO-Chef ist tot

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ÄgyptenFrüherer UNO-Chef ist tot

Boutros Boutros-Ghali ist im Alter von 93 Jahren gestorben. Er war der erste UNO-Generalsekretär aus Afrika und nicht unumstritten.

UNO-Mitglieder legten Schweigeminute ein: Boutros Boutros-Ghali anlässlich einer Pressekonferenz im Januar 1995.

UNO-Mitglieder legten Schweigeminute ein: Boutros Boutros-Ghali anlässlich einer Pressekonferenz im Januar 1995.

Keystone/Farbrice Coffrini

Erfahrener Diplomat, Politiker und ab 1992 erster UNO-Generalsekretär vom afrikanischen Kontinent: Die Karriere von Boutros Boutros-Ghali war steil. Doch bei der UNO resignierte er schon nach einer Amtszeit. Jetzt ist der Ägypter im Alter von 93 Jahren gestorben.

Der geachtete Staatsmann aus Ägypten sei in einem Spital in Kairo gestorben, teilte der UNO-Sicherheitsrat heute in New York mit. Der versierte Diplomat hatte unter anderem den Friedensvertrag seines Landes mit Israel ausgehandelt. Andererseits bleibt er der einzige UNO-Generalsekretär mit nur einer Amtszeit – auch weil er stets umstritten war.

Schweigeminute vor Sitzung

Der derzeitige Ratspräsident, der venezolanische UNO-Botschafter Rafael Ramirez, verkündete die Nachricht zu Beginn einer Sitzung, in der es um den Konflikt im Jemen gehen sollte. Danach gedachten die 15 Ratsmitglieder in einer Schweigeminute des Ägypters, der zwischen 1992 und 1996 der sechste Generalsekretär der Vereinten Nationen war.

Er sei «sehr traurig» über den Tod von Boutros-Ghali, sagte der derzeitige UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. «Er war ein berühmter Kenner des internationalen Rechts und hat bemerkenswerte Erfahrung und intellektuelle Fähigkeiten für die Aufgabe mitgebracht, die Vereinten Nationen durch eine der turbulentesten und herausforderndsten Zeiten ihrer Geschichte zu steuern.»

Mitarchitekt des Abkommens von Camp David

Geboren wurde Boutros-Ghali 1922 in eine Familie koptischer Christen in Kairo. Er studierte Jura in seiner Heimatstadt und in Paris. Bald danach wurde er Staatsminister und später stellvertretender Minister im ägyptischen Aussenministerium.

Als Diplomat machte er sich rasch einen Namen. Boutros-Ghali gilt als einer der wesentlichen Architekten des Camp-David-Abkommens zur Friedenssicherung im Nahen Osten und des anschliessenden Friedensvertrags zwischen Israel und Ägypten. Zudem war er ein wesentlicher Architekt der Afrika-Politik seines Landes.

1991 wählte ihn die Vollversammlung der Vereinten Nationen zum Nachfolger des Peruaners Javier Pérez de Cuéllar als Generalsekretär. Anfang 1992 trat er sein Amt an.

Doch die Voraussetzungen waren schwierig: Die politischen Zeiten waren unruhig, gerade war die Sowjetunion zusammengebrochen und später in seiner Amtszeit folgten der Völkermord in Ruanda und der Krieg auf dem Balkan. Dass er die Massaker in Ruanda nicht habe verhindern können, sei «der grösste Misserfolg seiner Amtszeit», sagte er später einmal in einem Interview.

Clinton blockierte Wiederwahl

Zudem legte sich Boutros-Ghali immer wieder mit den USA an und versuchte, deren übermächtigen Einfluss bei den Vereinten Nationen zurückzudrängen. Die US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Bill Clinton reagierte gereizt und blockierte seine Wiederwahl.

Boutros-Ghali wurde 1997 von Kofi Annan aus Ghana ersetzt. Er habe bei seinem Amtsantritt gedacht, dass es jetzt nach dem Ende des Kalten Krieges Zeit für eine effektivere Rolle der Vereinten Nationen in der Welt sei, sagte Boutros-Ghali bei seiner Abschiedsrede. «Aber die mittleren Jahre der Dekade waren sehr mit Problemen belastet. Ernüchterung hat eingesetzt.»

Im Anschluss an seine Tätigkeit den UNO wurde der Ägypter, der verheiratet war, aber keine Kinder hatte, von 1997 bis 2002 Generalsekretär der Internationalen Organisation der Frankophonie, einer Organisation französischsprachiger Länder.

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