BelgienFührers Leibspeise sorgt für Magenverstimmung
Nachdem der belgische TV-Koch Jeroen Meus in einer Sendereihe die Leibgerichte von Salvador Dalí und Freddie Mercury vorgestellt hat, sollte nun Adolf Hitlers Lieblingsrezept an die Reihe kommen. Es war ein Tritt ins Fettnäpfchen.
- von
- Daniel Huber
«Llagosta a la Catalana» (Languste auf katalanische Art) nennt sich das Lieblingsgericht des spanischen Malers Salvador Dalí. Das weiss man, wenn man die beliebte TV-Kochsendung des belgischen Kochs Jeroen Meus mitverfolgt hat: Der Flame stellt in der Sendereihe «Plat préferé» die Leibspeisen berühmter Persönlichkeiten aus der Geschichte vor. Bereits vor Publikum gekocht wurden neben Dalís Langusten auch die Lieblingsrezepte von Queen-Sänger Freddie Mercury («Chicken Dhansak»), des belgischen Chansonniers Jacques Brel («Muscheln mit Pommes frites») und des britischen Schriftstellers Roald Dahl («Roast Beef mit Yorkshire Pudding»).
Callas statt Hitler
Am 28. Oktober sollte es dann der bevorzugte Gaumenschmaus des deutschen Diktators Adolf Hitler sein: Forelle an Buttersauce. Ein typisch bayrisches Gericht, schwärmt Meus auf der Website von «Plat préferé», «genau wie die Weisswurst».
Nach einer Welle des Protests hat der TV-Sender Canvas am Montag die Sendung gekippt. Die Leitung verteidigt zwar den Inhalt der Sendung, zieht es aber aufgrund der Kontroverse vor, sie nicht auszustrahlen. Statt Hitlers Forelle wird nun Risotto ai funghi e tartufo gereicht — das Leibgericht der Operndiva Maria Callas.
Hungerration im Nazi-Knast
Es ist nicht der Umstand, dass der erklärte Vegetarier Hitler offenbar Fisch ass, der manchen Belgiern Bauchgrimmen bereitet hat. In der Zeitschrift «Joods Actueel» zeigte sich François De Coster, Vorsitzender der Vereinigung Belgischer Politischer Gefangener, erzürnt: «Was wir mitgemacht haben, werden wir nie vergessen. Jeder, der wegen der Nazi-Barbarei einen lieben Menschen verloren hat oder die Konzentrationslager selber kennen gelernt hat, ist bestürzt darüber, dass Canvas Platz für so etwas hat.»
De Coster, der selbst ins KZ Buchenwald verschleppt wurde und dort Vater und Bruder verlor, erinnerte an die Hungerrationen, die Gefangene damals im belgischen Nazi-Gefängnis Fort van Breendonk erhielten: «Drei Tassen Kaffee und 100 Gramm Brot am Tag.»
«Naivität»
Der Chefredaktor von «Joods Actueel», Michael Freilich, warf Jeroen Meus keine böse Absicht vor. Es gehe eher um Naivität. Vor allem der jungen Generation (Meus ist erst 30) sei oft überhaupt nicht bewusst, dass in Flandern noch eine ganze Reihe von Menschen lebten, die damals in den Lagern sassen oder untergetaucht waren. «Hätte Meus das Gericht angekündigt, das Marc Dutroux zubereitete, nachdem er An und Eefje ermordet hatte, der Protest wäre ungeheuerlich», meinte Freilich.
«Vollkommen geschmacklos»
Hugo van Minnebruggen, der die Weltkriegs-Website verzet.org (Widerstand) pflegt, nannte das Programm «vollkommen geschmacklos». Hitlers Leibgericht sei nicht Forelle an Buttersauce gewesen, sondern «totgeschlagener Jude», «ausgehungerter Pole», «neugeborenes Romakind mit Peitschenschlägen», «frisch geschossener Partisane», «kastrierter Homosexueller» und dergleichen mehr.
Forelle auf dem Adlernest
Dass der TV-Koch Hitlers Forelle ausgerechnet auf dem «Adlernest», dem Kehlsteinhaus auf dem Obersalzberg im oberbayrischen Berchtesgaden zubereiten wollte, konnte die Kritiker nicht unbedingt besänftigen. Auf dem Berghof am Obersalzberg pflegte Hitler seine Ferien zu verbringen.