Umstrittenes Pestizid: Fünfmal mehr Glyphosat in menschlichem Urin

Aktualisiert

Umstrittenes PestizidFünfmal mehr Glyphosat in menschlichem Urin

Das Pflanzenschutzmittel ist höchst umstritten. Es steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Nun zeigt eine US-Studie, wie allgegenwärtig der Stoff ist.

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Das Problem bei Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat ist: Sie wirken nicht nur gegen Schädlinge und Krankheiten – ihre eigentlichen Ziele –, sondern geraten auch mit anderen Organismen in Kontakt, belasten Böden und Gewässer und finden sich schliesslich auch in unseren Lebensmitteln wieder (siehe Box 2).

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass man auch im menschlichen Körper und seinen Ausscheidungsprodukten Glyphosat nachweisen kann. Bereits 2016 berichtete die Heinrich-Böll-Stiftung, 75 Prozent der Deutschen seien deutlich mit Glyphosat belastet.

Nun zeigt eine Studie im «Journal of the American Medical Association»: Die Belastung nimmt in Ländern wie den USA, in denen das Mittel flächendeckend eingesetzt wird, weiter zu.

Daten sprechen deutliche Sprache

Das Team um Paul J. Mills von der University of California in San Diego hatte für die Arbeit die Urinproben von 100 US-Amerikanern aus den Zeiträumen 1993 bis 1996 und 2014 bis 2016 miteinander verglichen.

Dabei zeigte sich, dass der Anteil von Glyphosat und eines seiner Stoffwechselprodukte deutlich zugelegt hat. Die Belastung sei im Untersuchungszeitraum um rund 500 Prozent gestiegen, so die Forscher. Zwar befänden sich die Werte im Mikrogrammbereich, aber die steigende Dosis sei trotzdem bedenklich.

Vor allem, da immer noch unklar ist, was Glyphosat im menschlichen Körper anstellt. Tierstudien haben aber den Verdacht erregt, das Mittel könnte erbgutschädigend sein. Seit 2015 wird es von der WHO-Behörde International Agency for Research on Cancer als «wahrscheinlich krebserregend für den Menschen» geführt.

Unentschlossene Politik

Vor diesem Hintergrund wird dieser Tage von den EU-Mitgliedsstaaten über eine Zulassungsverlängerung diskutiert. Ursprünglich hatte die EU-Kommission geplant, die Zulassung des Mittels um weitere zehn Jahre zu verlängern. Doch am Dienstag ist sie davon abgerückt: Neu strebt die Behörde eine Verlängerung von lediglich fünf bis sieben Jahren an.

Wie das Ganze ausgeht, steht noch in den Sternen. Die EU gab am Mittwoch bekannt, die Entscheidung über die Zukunft des Glyphosat noch einmal verschoben zu haben. Konkret teilte die EU-Kommission mit, dass im zuständigen Fachausschuss «keine Abstimmung» zu der Frage stattgefunden habe. Die Behörde kündigte an, in Kürze einen Termin für ein weiteres Treffen bekannt zu geben.

Entschlossener zeigen sich da die Franzosen: Die Regierung hat Ende September angekündigt, den Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat im Alleingang für die kommenden fünf Jahre komplett zu verbieten.

Belastete Lebensmittel

Was ist Glyphosat?

Das Mittel stoppt das Pflanzenwachstum. Es wird in der Landwirtschaft vor allem vor oder kurz nach der Aussaat eingesetzt, um die Ackerflächen vor Unkraut zu bewahren. Teilweise wird das Pflanzengift aber auch vor der Ernte eingesetzt. Denn durch die chemische Trocknung reifen Früchte schneller, und die Ernte wird einfacher. Glyphosat ist auch ein Riesenthema, weil es mit Gentechnik verbunden ist. Es gibt Pflanzen, sogenannte Roundup-Ready-Kulturen, die mithilfe von Gentechnik so verändert wurden, dass sie gegen die Chemikalie resistent sind.

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