Rede vor der UNOGaddafi will mehr Macht für kleine Länder
Mit Spannung blickt die Schweiz heute nach New York: Muammar al-Gaddafi spricht vor der UNO-Generalversammlung. Für Wirbel sorgt sein Zelt: Es steht auf einem Anwesen von Immobilientycoon Donald Trump.
- von
- pbl
Gaddafi wird gegen 16 Uhr MESZ auftreten, unmittelbar nach US-Präsident Barack Obama. Ob er seine Polemik gegen die Schweiz fortsetzen wird, ist noch offen. Auf einen allfälligen Angriff dürfte Bundespräsident Hans-Rudolf Merz spätestens am Folgetag reagieren – dann wird er seine Rede vor der UNO halten. Im Vorfeld sorgte Gaddafi mit dem Antrag für Aufregung, die Schweiz unter ihren Nachbarländern aufzuteilen. Die UNO schmetterte das Ansinnen jedoch ab und setzte es gar nicht auf die Traktandenliste.
Eine erneute Attacke ist kaum zu erwarten. Dafür will der libysche Diktator in seiner ersten Rede vor der UNO andere eigenwillige Ideen präsentieren. «Der Bruder Revolutionsführer und Vorsitzende der Afrikanischen Union wird der Generalversammlung der Vereinten Nationen radikale Lösungen vorschlagen, die diese Organisation in ihren Grundfesten erschüttern werden», meldet die staatliche Nachrichtenagentur JANA am Dienstag. Gaddafi werde sich dafür aussprechen, den kleinen Staaten genauso viel Macht einzuräumen wie den Grossmächten. Ausserdem solle es im Weltsicherheitsrat künftig kein Veto mehr geben.
Als Holländer und Srilanker getarnt
Für Aufregung sorgt weiterhin das Zelt, das Gaddafi im noblen New Yorker Vorort Bedford errichten liess – auf einem Grundstück, das zum Immobilienimperium von Donald Trump gehört. Das weitläufige Anwesen namens «Seven Springs» gehörte einst der Familie Rockefeller. Offenbar wusste die Trumpf-Organisation nicht über die Herkunft der Mieter Bescheid, berichtete die britische «Times». Zuvor hatten die Libyer zweimal versucht, unter Vortäuschung einer falschen Identität ein Haus in der Region zu mieten.
Zuerst wollten sie getarnt als holländische Diplomaten ein Haus an der noblen Upper East Side von Manhattan ergattern, dann versuchten sie es im Vorort Riverdale und gaben sich dabei als Srilanker aus. «Wir machen keine Geschäfte mit einem terroristischen Staat», sagte der Makler John Fitzgerald, der das Angebot abgelehnt hat. In Bedford dagegen hat man sich offenbar mit der Präsenz von Gaddafis Zelt abgefunden, obwohl Politiker betonten, der «Terror-Sponsor» sei nicht willkommen.
Ein Versuch vom Dienstag, einen Baustopp durchzusetzen, scheiterte, weil niemand auf dem Grundstück Englisch sprach oder nicht sprechen wollte. Die «Times» vermutet, dass Gaddafi das Zelt nicht zum Übernachten benutzen wird, sondern allenfalls für zeremonielle Zwecke. Die Nächte verbringt der Revolutionsführer offenbar in der libyschen UNO-Botschaft, obwohl diese eigentlich nur aus Büroräumlichkeiten besteht.