Crispr-Cas9Gefeierte Gen-Schere hat Hunderte Nebenwirkungen
Crispr-Cas9 gilt als revolutionärste Methode der Gentechnik: Mit ihr kann man das Erbgut von Lebewesen verändern. Doch sie führt zu Mutationen.
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Punktgenaue Eingriffe ins Genom: Das ermöglicht die Crispr-Cas9-Methode und setzt damit völlig neue Massstäbe. In China wird sie bereits am Menschen getestet. In den USA soll es ebenfalls bald so weit sein.
Doch es ziehen dunkle Wolken auf: Laut einer Studie von Forschern der Columbia University in New York ist die Gen-Schere, wie die Methode auch genannt wird, doch nicht so frei von Nebenwirkungen, wie Laborversuche mit Gewebekulturen annehmen liessen.
Blinde Mäuse sehen wieder
Für die im Fachjournal «Nature Methods» veröffentlichte Arbeit hatte das Team um Stephen H. Tsang blinden Mäusen mithilfe von Crispr-Cas9 wieder zum Sehen verholfen.
Das Problem: Die vermeintlich präzise Korrektur des defekten Gens führte zu viel mehr Mutationen im Genom, als prognostiziert worden war. Konkret führte der Eingriff zu rund 1500 sogenannter Einzelnukleotidmutationen. Bei diesen wird je ein Buchstabe der DNA umgeschrieben. Dazu kamen rund hundert weitere, grössere Veränderungen. Dabei waren Genabschnitte sowohl gelöscht als auch ergänzt worden.
Dass diese Entwicklung in den Labortests nicht festgestellt wurde, erklären die Forscher damit, dass nur Genomanalysen an lebenden Organismen die wahren Dimensionen der Mutationen zeigen.
Warnung und Ratschlag
Zwar stellten die Forscher bei den Mäusen nach der Behandlung keine offensichtlichen Defekte fest. Trotzdem geben sie zu bedenken, dass auch eine einzelne kleine Mutation grosse Folgen haben kann.
Aus Sicht der Forscher ebenfalls besorgniserregend: Die Mutationen befanden sich auch an Stellen, die durch bisherige Analysen nicht als gefährdete Regionen prognostiziert worden waren. Sie raten deshalb, vor weiteren Versuchen am Menschen die Nebenwirkungen noch besser zu untersuchen.
Komplizierter Name, grosse Hoffnung
Crispr-Cas9 ist nach Einschätzung des renommierten Fachjournals «Science» der wissenschaftliche Durchbruch des Jahres 2015. Denn die Technik ermöglicht es, das Erbgut sämtlicher Lebewesen beliebig zu verändern. Mit CRISPR können Forscher Gene ausschalten, defekte durch korrekte DNA-Teile ersetzen oder neue Gensequenzen einfügen.