Snack gefällig?Genehmigen Sie sich eine Heuschrecke
Ab Mai dürfen Insekten in der Schweiz legal als Lebensmittel verkauft werden. Urs Fanger, Geschäftsführer der Entomos AG in Grossdietwil LU, sieht ein enormes Potenzial.
- von
- Noah Knüsel
Urs Fanger zeigt im Video seine Insektenzucht. (Video: nk)
«Wir sind wohl die einzige Firma der Schweiz, die Insektenzucht für Lebensmittelzwecke professionell betreibt», sagt Urs Fanger. Die Entomos AG gibt es seit 2010, sie hat sich auf den Handel mit Insekten spezialisiert. «Wir hatten bisher zwei Standbeine: Einerseits Insekten als Reptilienfutter, andererseits Fliegenmaden, die zur Unterstützung der Heilung von chronischen Wunden verwendet werden.»
Nun kommen also als drittes Standbein die Lebensmittel-Insekten dazu. Seit Dezember habe man die Zucht hochgefahren. Mehlwürmer, Grillen und Heuschrecken brüten und wachsen in einem klimatisierten Raum im Untergeschoss der Firma. Die Mehlwürmer machen dabei den grössten Teil aus, da sie am billigsten zu produzieren sind. In Metallschalen wachsen die Käferlarven heran und vermehren sich. «Kurz bevor sie sich verpuppen, werden sie gefriergetrocknet. So ein Zyklus dauert etwa zwei Monate», erklärt Urs Fanger.
«Wir wollen ein Lifestyle-Produkt anbieten»
Die Abnehmer sind laut Fanger vielfältig: von Gastrobetrieben und deren Zulieferern über Detailhändler zu Lebensmittelverarbeitern und Konsumenten. Dabei sind die Anwendungsmöglichkeiten vielschichtig: «Anders als andere Lebensmittel kann man die Insekten fast überall verwenden, vom Apéro bis zum Dessert.» Oder man könne sie beispielsweise zu Mehl verarbeiten. Darin sieht er einen Vorteil gegenüber dem herkömmlichen Fleisch. Ausserdem seien die Insekten nachhaltiger: «Die Produktion braucht weniger Ressourcen und Energie und generiert nicht so viel Abfall.»
Fanger betont aber, dass es nicht das Ziel sei, Fleisch zu ersetzen: «Wir wollen ein Lifestyle-Produkt anbieten: biologische, regionale Insekten.» Auch für Fitness-Freaks könnten die Krabbeltiere als Proteinquelle interessant sein. Doch: Weil die Insekten teurer sind als herkömmliches Proteinpulver, braucht es eine gezielte Marketingstrategie. Fanger: «Wir müssen die Insekten als regional und nachhaltig positionieren, um so einen Mehrwert gegenüber dem Pulver zu schaffen.»
Marktpotenzial: 80 Tonnen pro Jahr
Der Unternehmer beziffert das Marktpotenzial auf jährlich 80 Tonnen. Wie viel davon ausgeschöpft werde, könne man aber nicht sagen: «Viele Zwischenhändler haben Interesse, aber scheuen sich vor dem endgültigen Zuschlag. Sie wissen nicht genau, wie das Produkt ankommen wird.» Daher sei es auch schwierig vorherzusagen, wie viele Mehlwürmer, Grillen und Heuschrecken verkauft werden. «Wir haben aber einen Grundstock da und haben bereits Verträge mit Produzenten aus dem Ausland oder EU. Wir sind selber Importeur. Engpässe sollte es also keine geben», so Fanger. Und falls der Ansturm riesig sein sollte, könne man die Produktion schnell erhöhen. Fanger: «Ich denke, das Potenzial ist riesengross.»