HaushaltshilfenGeneration Butler – sie machen nichts selber
Blumen giessen und Fenster putzen: Immer öfter zahlen junge Leute für Hausarbeiten. Was früher als faul galt, ist salonfähig geworden.
- von
- Rahel Landolt

Per Mausklick die Putzfrau bestellen. Junge gönnen sich den Luxus.
Sophie und ihre drei Mitbewohner sind alle Mitte zwanzig. Die Mehrheit kommt frisch von der Uni, hat den ersten Lohn noch nicht erhalten. Die WG leistet sich aber eine Putzfrau. Da durch vier geteilt werde, fielen die Kosten für die Putzfrau kaum ins Gewicht. Das sei aber auch verführerisch, sagt Sophie lachend: «Wir lassen neu auch unseren Recycling-Müll abholen.»
Das Phänomen, dass immer mehr junge Leute für viele Dienstleistungen bezahlen, beschreibt die deutsche Zeitschrift «Neon» in ihrer letzten Ausgabe: «Die Generation Butler ist da», titelt sie. Ihre Wohnung liessen sich nicht mehr nur alte und reiche Leute putzen, schreibt das Blatt: «Wir sind die erste Generation, die im Leben kaum was erreicht hat und sich trotzdem zu fein zum Putzen, Einkaufen und Rumschrauben ist.»
Bezahlen fürs Blumengiessen
Entsprechende Angebote boomen auch in der Schweiz. Arzttermine vereinbaren, in den Ferien die Blumen giessen und Essen bestellen: Bereits 50'000 solche und ähnliche Anfragen hat der Concierge-Dienst GoButler seit seiner Lancierung in der Schweiz laut CEO Navid Hadzaad bearbeitet. Die Kunden seien vorwiegend zwischen 25 und 40 Jahre alt, heisst es auf Anfrage.
PET-Flaschen, Alu-Dosen und Batterien abholen und sortieren – dies bietet die Firma Mr. Green aus Zürich an. «Zu unserer Kundschaft gehören auch Studenten-WGs», sagt Co-Geschäftsführerin Kathrin Schwarz. Von ehemaligen WG-Mitbewohnern stammte auch die Idee, aus der Mr. Green entstanden ist: «Niemand fühlte sich fürs Recyceln zuständig, aber einfach wegwerfen wäre auch nie in Frage gekommen.»
Bescheidene Schweizer?
Die wachsende Kundschaft von Mr. Green bestehe grösstenteils aus Städtern, die kein Auto besässen, und aus Haushalten, in denen sowohl Mann als auch Frau arbeiten würden. Schwarz beobachtet, dass Schweizer traditionell eher die Haltung vertreten: «Das kann ich ja selber machen.» Bei der jungen Generation verhalte sich dies teils anders.
«Die Inanspruchnahme gewisser Dienstleistungen ist salonfähig geworden», vermutet auch Konsumforscher Christian Fichter. Jemand, der früher nicht bereit gewesen sei, seinen eigenen Haushalt zu führen, habe als faul gegolten. Oder man habe gesagt, diese Person habe ihr Leben nicht im Griff. «Diese Mentalität hat sich geändert», ist Fichter überzeugt.
«Alles wird outgesourct»
Eine weitere mögliche Ursache sei, dass die wahrgenommene Arbeitsbelastung gestiegen sei. «Offenbar haben auch Studenten immer weniger Zeit oder das Gefühl, sie hätten keine Zeit.» Dass bei dem vermeintlich erhöhten Arbeitsdruck «alles, was man outsourcen kann, outgesourct wird», ist eine Entscheidung, die Christian Fichter verstärkt beobachtet. Persönlich bedauert er, dass etwa das Wäschezusammenlegen delegiert wird. «So geht die Wertschätzung für diese vermeintlich einfachen Aufgaben verloren.»
Dass sich durch das Outsourcing neue Hierarchien bilden oder unsere Gesellschaft «verschnöselt», müsse aber nicht unbedingt sein. Die Verhaltensänderung habe auch mit neuen Möglichkeiten zu tun: «In der Psychologie sagt man, dass sich das Verhalten mit der Verfügbarkeit ändert», so Fichter. Die Internet-Plattformen seien deshalb ebenso eine wichtige Ursache dafür, dass immer mehr Junge Arbeiten, die man früher selbst ausgeübt habe, heute von Fremden erledigen liessen.