«Generell Tempo 30 würde die Verkehrssicherheit für alle erhöhen»

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Rekord bei Velounfällen«Generell Tempo 30 würde die Sicherheit für alle erhöhen»

Letztes Jahr verunfallten in der Stadt Zürich so viele Velofahrerinnen und -fahrer wie noch nie. Yvonne Ehrensberger von Pro Velo ist von den hohen Unfallzahlen nicht überrascht.

von
Daniel Krähenbühl
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In der Stadt Zürich gab es 2022 so viele Velounfälle wie noch nie. Auch die Anzahl der E-Bike-Unfälle steigt stetig weiter an. 

In der Stadt Zürich gab es 2022 so viele Velounfälle wie noch nie. Auch die Anzahl der E-Bike-Unfälle steigt stetig weiter an. 

Tamedia/Urs Jaudas
Das zeigt die Verkehrsunfallstatistik der Stadt Zürich, die am Mittwoch vorgestellt wurde. 

Das zeigt die Verkehrsunfallstatistik der Stadt Zürich, die am Mittwoch vorgestellt wurde. 

Stadt Zürich
Insgesamt verunfallen mehr Personen im Veloverkehr als zu Fuss (218), im Auto (240) oder im öffentlichen Verkehr (135) zusammengerechnet.  

Insgesamt verunfallen mehr Personen im Veloverkehr als zu Fuss (218), im Auto (240) oder im öffentlichen Verkehr (135) zusammengerechnet.  

Stadt Zürich

Darum gehts

  • In der Stadt Zürich verunfallten 2022 625 Velofahrerinnen und -fahrer. Das sind so viele wie nie zuvor. 

  • Wernher Brucks, Leiter Verkehrssicherheit bei der Stadtzürcher Dienstabteilung Verkehr, stellte die Verkehrsunfallstatistik am Mittwoch vor. 

  • Insgesamt verunfallten mehr Personen im Veloverkehr als zu Fuss (218), im Auto (240) oder im öffentlichen Verkehr (135) zusammengerechnet.

  • Yvonne Ehrensberger ist Geschäftsleiterin von Pro Velo Kanton Zürich. 

Frau Ehrensberger, sind Sie von den hohen Unfallzahlen bei den Velos überrascht?

Leider nein. Die hohe Anzahl der Velounfälle geht leider einher und korreliert mit der gestiegenen Velonutzung. Es ist sehr erfreulich, dass mehr Personen mit dem Velo unterwegs sind in der Stadt - aber der Trend zu auch immer mehr Velounfällen muss unbedingt gebrochen werden. Es braucht eine Trendumkehr - bei der mehr Velofahrende nicht zwingend mehr Unfälle bedeutet. Der Ausbau der Veloinfrastruktur hinkt den Realitäten der Velofahrenden seit Jahren hinterher. Wir haben hier beim Ausbau der Veloinfrastruktur nach wie vor den grössten Aufholbedarf.

Der Ausbau der Veloinfrastruktur hinkt den Realitäten der Velofahrenden seit Jahren hinterher.

Vor allem mit E-Bikes steigen die Unfallzahlen stark. Bräuchte es dort auch mehr Massnahmen, um die Sicherheit zu erhöhen – etwa Geschwindigkeitsregeln?

Rein von den absoluten Unfallzahlen auf ein Problem mit den Geschwindigkeiten von E-Bikes zu schliessen, ist falsch. Die E-Bike-Nutzung hat sich ebenfalls stark erhöht, der Anteil von E-Bike-Unfällen muss also zwingend auch ins Verhältnis gesetzt werden, vom Anteil der E-Bikes zu herkömmlichen Velos ganz allgemein. Die Vorteile von E-Bikes kommen vor allem in der Steigung zum Tragen - und hier zeigt sich unseres Wissens nicht eine generelle Erhöhung der Unfallhäufigkeit.

Um konkrete Massnahmen aus den Unfallzahlen abzuleiten, brauchen wir überarbeitete Polizeiprotokolle, die den Realitäten der Velofahrenden voll Rechnung tragen – etwa Strassengegebenheiten, Abstand von anderen Verkehrsteilnehmenden oder weitere Informationen zu fehlerverzeihender Infrastruktur.

Grundsätzlich würde sich die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden von einer Geschwindigkeitsreduktion auf generell Tempo 30 deutlich erhöhen, Geschwindigkeitsreduktionen sind also durchaus zielführend, müssen aber vor allem die Fahrzeuge mit dem grössten Schadenspotenzial  – also Auto, LKW, Bus und Tram – miteinschliessen.

Grundsätzlich würde sich die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden von einer Geschwindigkeitsreduktion auf generell Tempo 30 deutlich erhöhen.

Reichen die Massnahmen der Stadt – also Velovorzugsrouten oder ein Vorgrün für Velos – aus, um die Unfallgefahren für Velofahrende zu mindern?

Es ist wichtig und richtig, dass die Stadt hier ihr grosses Defizit erkennt. Trotzdem geht es noch immer zu wenig schnell vorwärts mit der Umsetzung von sicheren Velorouten. Und nicht nur die Velovorzugsrouten müssen für Menschen zu Fuss und mit dem Velo sicher sein, sondern das ganze Stadtgebiet.

Wir brauchen hier einen Paradigmenwechsel hin zu einer menschenzentrierten und stadtverträglichen Planung und weg von Kapazitäts- und Leistungsfähigkeitsüberlegungen für den motorisierten Verkehr. Die Stadt muss hier bei der Umsetzung einen Gang höher schalten.

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