Marathon-AttentatGeschworene sprechen Boston-Bomber schuldig
Selbst die Verteidigung räumte ein, dass Dschochar Zarnajew am Terrorakt von Boston beteiligt war. Das glauben auch die Geschworenen. Doch welches Strafmass erwartet ihn?
Zwei Jahre nach dem Anschlag auf den Marathon in Boston ist der Angeklagte Dschochar Zarnajew wegen Beteiligung an dem Terrorakt in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen worden. Die Geschworenen verkündeten ihr Urteil am Mittwoch nach elfstündigen Beratungen. Ob gegen den 21-Jährigen die Todesstrafe oder lebenslange Haft verhängt wird, soll im weiteren Verfahren geklärt werden.
Zarnajew hatte nach Auffassung des Gerichts mit seinem Bruder Tamerlan am 15. April 2013 zwei Bomben am Zieleinlauf des Marathonlaufs platziert. Bei dem Anschlag wurden drei Menschen getötet und mehr als 260 verletzt. Der Angeklagte sass mit vor sich gefalteten Händen und gesenkten Augen im Gerichtssaal, während der Schuldspruch verlesen wurde.
In allen Punkten schuldig
Die Geschworenen hatten insgesamt 30 Anklagepunkte gegen Dschochar Zarnajew zu prüfen. Er wurde in allen 30 Punkten schuldig befunden. Dazu zählte der Vorwurf der Verschwörung und der des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen. Beide Delikte können die Todesstrafe nach sich ziehen.
Dschochars Bruder war vier Tage nach der Tat von der Polizei erschossen worden. Bei der Verfolgung der Täter war auch ein Wachmann der Elite-Uni MIT in Boston getötet worden.
«Es ist kein frohes Ereignis, aber es ist etwas», sagte Karen Brassard, die bei dem Anschlag Splitterwunden an ihren Beinen erlitten hatte, nach dem Schuldspruch. Ein weiterer Schritt sei nun hinter ihr und anderen Opfern. Sie sagte, Zarnajew habe «arrogant» und uninteressiert während des Prozesses gewirkt. Ob er die Todesstrafe verdiene, wollte Brassard nicht sagen. Zarnajews Anwälte verliessen das Gerichtsgebäude ohne Kommentar.
Verheerende Splitterbomben
Die Bluttat hatte Amerika vor zwei Jahren geschockt. Die Bomben waren mit Splittern gefüllt, um möglichst viel Schaden anzurichten. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft wollten die beiden aus Tschetschenien stammenden jungen Männer Rache üben, weil die USA bei Kriegseinsätzen Muslime getötet hatten.
Die Verteidigung hatte die Tatbeteiligung des Angeklagten eingeräumt. Deshalb war der Schuldspruch erwartet worden. Doch stellte die Verteidigung den getöteten älteren Bruder als Drahtzieher der Tat, Dschochar Zarnajew dagegen als Mitläufer dar.
Strafmass folgt
Diese Strategie dürfte sie nun auch bei dem weiteren Verfahren zur Festlegung des Strafmasses – Todesstrafe oder lebenslänglich – anwenden, um das Leben des Angeklagten zu retten. Zarnajews Verteidigung hat erklärt, ein Todesurteil verhindern zu wollen. Zeugen der Verteidigung legten nahe, dass Dschochar Zarnajew nicht am Kauf des Bombenmaterials beteiligt gewesen sei. Auch wurden nur die Fingerabdrücke des älteren Bruders auf den Sprengsätzen in Dampfkochtöpfen gefunden.
Die Staatsanwaltschaft vertrat hingegen die Auffassung, beide hätten den Terrorakt als gleichberechtigte Partner verübt. Sie verwies unter anderem darauf, dass der auf der Flucht verletzte Dschochar in seinem Versteck in einem Boot noch Parolen gekritzelt habe. «Hört auf mit dem Töten unserer unschuldigen Leute, dann hören wir auch auf», soll er geschrieben haben. Laut Anklage begannen die beiden Brüder schon im Februar 2013 mit der Planung ihrer Tat.