Gewerkschaftsbund fordert automatischen Teuerungsausgleich

Aktualisiert

Höhere MindestlöhneGewerkschaftsbund fordert automatischen Teuerungsausgleich

«Ein Lohn muss zum Leben reichen», sagt Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes. Deshalb brauche es einen automatischen Teuerungsausgleich.

Marcel Urech
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Marcel Urech
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Die Lohn- und Einkommensschere in der Schweiz öffnet sich laut Daten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes wieder.

Die Lohn- und Einkommensschere in der Schweiz öffnet sich laut Daten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes wieder.

LMD
Besonders Geringverdienern bringen die Lohnerhöhungen 2023 wegen der hohen Inflation wenig.

Besonders Geringverdienern bringen die Lohnerhöhungen 2023 wegen der hohen Inflation wenig.

20min/Stevan Bukvic
Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, fordert deshalb einen automatischen Teuerungsausgleich.

Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, fordert deshalb einen automatischen Teuerungsausgleich.

BZ

Darum gehts

  • Laut dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) sind die Löhne zu wenig gestiegen, um die Teuerung und den Lohnrückstand auszugleichen.

  • Es brauche darum Prämienverbilligungen und einen automatischen Teuerungsausgleich.

  • Der SGB fordert die Menschen in der Schweiz zudem dazu auf, am Frauenstreik teilzunehmen.

Die Lohn- und Einkommensschere öffnet sich in der Schweiz wieder. Das zeigt der neue Verteilungsbericht des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Er fordert deshalb Lohnerhöhungen für die Arbeitnehmenden. Aufgrund der Teuerung sei zudem eine Wiedereinführung des automatischen Teuerungsausgleichs nötig.

Es brauche auch Prämienverbilligungen, weil die Prämien für viele untragbar seien. Die Arbeitgebenden sollten zudem eine Arbeitszeitreduktion anvisieren, statt neue Ausnahmen bei den Arbeits- und Ruhezeiten zu fordern – schliesslich gehe es um den Gesundheitsschutz und das Familienleben der Arbeitnehmenden.

SGB fordert höhere Löhne

«Ein Lohn muss zum Leben reichen, das heisst konkret: keine Löhne unter 5000 Franken für Berufstätige mit Lehre und mindestens 4500 Franken für alle», fordert SGB-Chefökonom Daniel Lampart.

Laut dem neuen Verteilungsbericht der SGB sind die Löhne zu wenig gestiegen, um die Teuerung und den Lohnrückstand auszugleichen. Die Berufstätigen mit unteren und mittleren Löhnen hätten heute real weniger Lohn als 2016. Bei den obersten zehn Prozent sei es hingegen aufwärts gegangen.

Dazu komme, dass der Prämienschock bei den Krankenkassen von 6,6 Prozent stärker ausfalle als die Lohnerhöhungen und die Aufstockung der Prämienverbilligungen. Dieses Jahr müsse ein Paar mit zwei Kindern erstmals 1000 Franken im Monat für die Prämien bezahlen.

Führen höhere Löhne zu mehr Arbeitslosigkeit?

Die Hochschulen in der Schweiz hätten jahrelang gelehrt, dass höhere Löhne zu mehr Arbeitslosigkeit führten, doch das stimme gar nicht. Er sei an der Universität St. Gallen fast aus einem Seminar geflogen, als er in seinem Studium darauf hingewiesen habe, sagte Lampart an der Jahresmedienkonferenz des SGB in Bern.

«Ohne die Arbeit der Gewerkschaften hier bei uns und weltweit wäre die einzige Antwort auf die aktuelle Inflation nur die Rezessionspolitik der Zentralbanken gewesen», sagt SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard.  Wer arbeite, erwarte aber zu Recht eine andere Antwort: nämlich die Stärkung der Kaufkraft.

SGB will, dass wir weniger arbeiten

«Die Arbeitnehmenden sollen möglichst immer verfügbar sein, aber gleichzeitig wenig kosten», so der SGB. Gesundheitsschutz und familien­freundliche Arbeitszeiten dürften aber kein Privileg für Besserverdienende sein. Heute reduzieren zwar viele ihr Arbeitspensum – das könne aber nur tun, wer es sich leisten könne.

Arbeiten wir in der Schweiz alle zu viel?

Die Arbeitgebenden hätten sich in den letzten 30 Jahren kaum an Arbeitszeitverkürzungen beteiligt. Bis 1990 reduzierten sie die betriebsübliche Arbeitszeit bei gleichem Lohn alle zehn Jahre um ein bis zwei Stunden. Seither müssten die Arbeitnehmenden die Verkürzungen aber selber bezahlen – mit Teilzeit und weniger Lohn.

Um bei der Gleichstellung vorwärtszukommen, braucht es laut Unia-Präsidentin Vania Alleva planbare und familienfreundliche Arbeitszeiten sowie eine Aufwertung klassischer Frauen-Branchen, die nach wie vor schlechter bezahlt sind. «Das heisst mehr Lohn, Zeit und Respekt», sagt Alleva. Darum mobilisiere der SGB auch Menschen für den feministischen Streik, der dieses Jahr am 14. Juni stattfinden wird (siehe Box).

14. Juni

«Der Frauenstreik 2023 hat bereits begonnen»

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund ruft zum Frauenstreik am 14. Juni auf, weil sich die Situation der Frauen bei Lohn und Rente trotz der historischen Mobilisierung im Jahr 2019 kaum verbessert habe. Der SGB fordert unter anderem höhere Löhne für Frauen, eine 13. AHV-Rente und mehr Bundesbeiträge für Kinderbetreuung. «Der Frauenstreik 2023 hat bereits begonnen», sagt Unia-Präsidentin Vania Alleva.

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