GleichgewichtssinnGibts doch: Fische können seekrank werden
Mit einer Achterbahnsituation hat der Stuttgarter Zoologie-Professor Dr. Reinhold Hilbig (63) das Gleichgewichtsorgan von Buntbarschen erforscht. Während die Fische grün im Gesicht wurden, sind die Forscher der Reisekrankheit auf die Schliche gekommen.
- von
- Olaf Kunz
Dieses Experiment fanden die Fische garantiert zum Kotzen: Ein Stuttgarter Zoologie-Professor verfrachtete Buntbarsche quasi in eine Aquarium-Achterbahn. Der Wissenschaftler staunte nicht schlecht, über das unerwartete Ergebnis. Einigen Fischen erging es nicht besser als Menschen mit Reiseübelkeit. Acht der Buntbarsche wurden «seekrank» und drehten sich nur noch im Kreis. Am liebsten hätten sie wohl die Reeling aufgesucht, um ihrem Ärger über den Versuch Luft zu machen.
Das Weltraum-Aquarium
Um neue Erkenntnisse über Gleichgewichtsstörungen von der Reise- bis zur Weltraumkrankheit zu gewinnen, wurden 49 Miniaquarien mit Fischen in einem Flugzeug installiert. Mit dieser Konstruktion war es möglich, mittels eines sogenannten Parabelflugs, der aus einer Abfolge von 30 Parabeln besteht, Schwerelosigkeit für 22 Sekunden je Parabel zu simulieren. Durch Untersuchungen an den Ohrensteinchen der Fische und Fischlarven als Modellsystem sollen die Ursachen für Bewegungskrankheiten aufgeklärt werden und danach von Medizinern Therapieformen für Schwindel und andere Reisekrankheiten aufgespürt werden.
Können Fische kotzen?
Dass auch Tiere ein flaues Magengefühl haben können, ist nicht ganz neu. «Bei allen Wirbeltieren liegt der Gleichgewichtssinn wie beim Menschen im Innenohr. Wenn das Ohr eine andere Bewegung übermittelt als die Augen, reagiert das Hirn auf die sich widersprechenden Aussagen und sendet das Signal Übelkeit, damit der Mensch oder das Tier innehält», so Hilbig gegenüber 20 Minuten Online. Das funktioniert bei Fischen nicht anders. Erstaunlich: «Ja, Fische können auch kotzen», weiss der Zoologe aus eigenen Studien.
Reisetablette statt Algen
Schwacher Trost für die Fische: Bis in drei Jahren bereits rechnet Hilbig mit Medikamenten, die Reisekrankheit sehr wirkungsvoll dämpfen. «Diese sind bereits in einer Testphase, haben allerdings noch das Problem, dass sie eine gewisse Suchtgefahr bergen.»