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KnollenblätterpilzGiftiger Pilz bedroht Flüchtlinge

Zwei Flüchtlinge sind in Deutschland an einer Pilzvergiftung gestorben – offenbar aufgrund einer Verwechslung. Der Pilz ist auch in der Schweiz heimisch.

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Am 23. 09.2015 sind zwei Flüchtlinge tot, weil sie giftige Grüne Knollenblätterpilze gegessen haben. Deutsche Ärzte behandelten über 50 Menschen mit Pilzvergiftungen.

Am 23. 09.2015 sind zwei Flüchtlinge tot, weil sie giftige Grüne Knollenblätterpilze gegessen haben. Deutsche Ärzte behandelten über 50 Menschen mit Pilzvergiftungen.

Wikipedia
Flüchtlinge pflücken an der Grenze zu Kroatien Nüsse von einem Baum. Der Grüne Knollenblätterpilz sieht einem syrischen Speisepilz zum Verwechseln ähnlich.

Flüchtlinge pflücken an der Grenze zu Kroatien Nüsse von einem Baum. Der Grüne Knollenblätterpilz sieht einem syrischen Speisepilz zum Verwechseln ähnlich.

/David Ramos
Flüchtlinge auf dem Weg in Richtung Mitteleuropa.

Flüchtlinge auf dem Weg in Richtung Mitteleuropa.

/David Ramos

Sie überlebten den Krieg in Syrien, die gefährliche Überfahrt übers Mittelmeer und unzählige Kilometer Flucht durch Europa – nur um dann an einer Pilzvergiftung zu sterben. In der Nacht auf Montag ist ein 16-jähriger Syrer im deutschen Münster an Leberversagen gestorben, weil er einen giftigen Grünen Knollenblätterpilz gegessen hatte. Einen Tag später starb ein weiterer 44-jähriger Flüchtling, ebenfalls in der Uniklinik Münster.

Die Ärzte haben alles versucht. «Aufgrund der Schwere der Vergiftung war eine Transplantation letztendlich die einzige Chance», sagte Hartmut Schmid, Direktor der Klinik für Transplantationsmedizin, zum «Spiegel». Ein passendes Spenderorgan habe man für den jüngeren Mann aber nicht gefunden. Der 44-Jährige habe zwar eine neue Leber bekommen, sei aber trotzdem an Organversagen gestorben.

Grüner Knollenblätterpilz ist besonders gefährlich

Die beiden Männer sind nicht die einzigen Syrer, die giftige Pilze gegessen haben: Rund 50 Personen mit Pilzvergiftungen haben die Ärzte im Nordwesten Deutschlands in den letzten Tagen behandelt – die meisten davon Flüchtlinge.

Grund für die Vergiftungswelle dürfte eine Verwechslung sein. «Es scheint in Syrien einen Pilz zu geben, der dem Knollenblätterpilz zum Verwechseln ähnlich sieht», sagt Simone Corpus, Pressesprecherin der Medizinischen Hochschule Hannover, zu 20 Minuten. «Der Unterschied ist, dass der Pilz in Syrien essbar ist – der in Mitteleuropa aber hochgiftig.» Besonders gefährlich sei der Knollenblätterpilz, weil seine Wirkung nicht sofort einsetze. «Der Pilz weist keinen abstossenden Geschmack auf, und die ersten Krankheitssymptome treten erst nach mehreren Stunden auf.»

Pilz kommt auch in der Schweiz vor

Heimisch ist der Grüne Knollenblätterpilz auch in der Schweiz. Und auch hier fordert er immer wieder Opfer. «90 Prozent der tödlichen Pilzvergiftungen gehen auf das Konto vom Grünen Knollenblätterpilzen», sagt Hugo Ritter, Präsident der Deutschschweizer Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane (VAPKO), auf Anfrage. Denn: «Für Anfänger sehen schnell mal alle grünen Pilze gleich aus.»

Hilfe könne man sich in der Schweiz bei den Pilzkontrollstellen holen – auch als Flüchtling. «Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Flüchtlinge, die in der Schweiz ankommen, erst mal andere Probleme haben als herauszufinden, wo die nächste Pilzkontrollstelle ist.»

In unmittelbarer Vergangenheit hat sich in der Schweiz kein Flüchtling durch Pilze vergiftet, sagt Katharina Hofer, Oberärztin bei «Tox Info Suisse», zu 20 Minuten. «Es ist aber bekannt, das Menschen, die aus anderen Regionen der Erde kommen, die mitteleuropäische Natur nicht kennen und anfällig für Pilzvergiftungen sind.»

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