Listen-Spam bei WahlenGLP bläst zur Stimmenjagd auf Künstler, Tierfreunde und LGBTQ+
Besonders die Grünliberalen treten in vielen Kantonen mit unzähligen Unterlisten an. Präsident Jürg Grossen verteidigt die Strategie. Beim politischen Gegner rümpft man die Nase.
Darum gehts
Die Grünliberalen setzen in vielen Kantonen auf unzählige Unterlisten, mit denen gesellschaftliche Gruppen angesprochen werden sollen.
Das mache aus taktischen Gründen Sinn, verteidigt Präsident Jürg Grossen die Strategie.
Bei der Konkurrenz kommt die Strategie nicht gut an. Der GLP seien Stimmgewinne wichtiger als politische Inhalte, giftet die FDP.
Am 22. Oktober wählt die Schweiz ein neues Parlament. Die Parteien lassen nichts unversucht, um zusätzliche Sitze zu gewinnen. Gerade die Grünliberalen versuchen dies mit einer Vielzahl von sogenannten Unterlisten.
Dabei handelt es sich um separate Listen einer Partei für gewisse gesellschaftliche Gruppen. Eine Liste der Jungpartei ist seit Jahren Standard, manche Parteien setzen auf eine separate Frauenliste. Mehrere Schritte weiter gehen dieses Jahr die Grünliberalen, die etwa im Thurgau mit acht Listen antreten.
Im Kanton Bern, der Heimat von Parteipräsident Jürg Grossen, tritt die Öko-Partei mit neun Listen und 132 Kandidierenden an: eine für Energie, für Frankophone, für KMU, für «Internationale», für KMU, für «Kreative», für «Tier und Natur» sowie für «Queer and Allies». Dazu kommen die Hauptliste und jene der Jungpartei.
GLP-Grossen: «Mehr Stimmen mit vielfältigen Listen»
«Statistisch zeigt sich, dass man deutlich mehr Stimmen holt mit vielfältigen Listen. Es ist deshalb strategisch ein richtiger Entscheid, auf mehrere Listen zu setzen», erklärt Grossen die GLP-Strategie. «Wenn wir statt 24 nun 132 engagierte Kandidierende haben, hilft das bei der Mobilisierung», ist er überzeugt. Damit hat Grossen wohl recht - denn beim politischen Gegner kommt der Wahltrick nicht gut an.
Im Kanton Basel-Stadt wollte die GLP mit acht Unterlisten antreten. Bei der FDP, mit welcher sie eine Listenverbindung einging, sorgte das für Empörung. «Dieser Excel-Partei geht es nur um sich selber. So etwas habe ich noch nie erlebt», sagte Kantonalpräsident Johannes Barth der «Basler Zeitung». In der Folge reduzierte die GLP die Zahl der Unterlisten von acht auf sechs.
FDP: «Stimmgewinne für GLP wichtiger als politische Inhalte»
Der Basler Ärger ist bis in die Parteizentrale zu spüren. «Mehrere Unterlisten können je nach Kanton Sinn machen», sagt FDP-Sprecher Marco Wölfli. «Die flächendeckenden Unterlisten der GLP zeigen jedoch, dass bei ihnen Stimmgewinne wichtiger scheinen als politische Inhalte», sagt er.
Dabei operiert allerdings nicht nur die Öko-Partei mit dem Trick. Im Kanton Bern, wo die GLP mit der Mitte eine Listenverbindung einging, zeigt sich das exemplarisch. Die Mitte kontert hier mit sechs Listen – unter anderem einer der «Exekutive» und einer für die Landwirtschaft.
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Die Partei hält sich deshalb mit Kritik zurück. Man werde schweizweit mit über 1000 Personen antreten, was mehr sei als CVP und BDP vor der Fusion 2019 gemeinsam in die Waagschale warfen. «Dass sich immer mehr Personen, gerade auch aus der jungen Generation, aktiv einbringen wollen und sich mit einer Kandidatur engagieren, sehen wir als positive Entwicklung», sagt eine Sprecherin.
Noch sind längst nicht alle Listen in den Kantonen publik. Sicher ist: Es dürften bei diversen Parteien noch zahlreiche dazukommen. GLP-Chef Grossen sagt: «National gibt es keine Direktive der Grünliberalen, mit möglichst vielen Listen anzutreten». Er habe dies bloss «als mögliche Option herausgegeben». Er hoffe, mit den Unterlisten gesellschaftliche Gruppen «wie Tierfreunde, Künstler oder Homosexuelle» anzusprechen.
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