Drama in Kehrsatz«Gott hat sie geschenkt, Gott hat sie genommen»
Die beiden Buben Abdulahi (7) und Mubarak (6) starben durch einen tragischen Badeunfall mit einem Föhn. Die Eltern erheben schwere Vorwürfe gegen die Verwaltung.
- von
- Christian Holzer
Für Luul und Abdulah Said ging am Sonntagabend die Welt unter. Das somalische Paar aus Kehrsatz verlor seine zwei Söhne Abdulahi und Mubarak durch einen tragischen Unfall. Die beiden Buben waren erst sieben beziehungsweise sechs Jahre alt: «Meine Söhne waren in der Badewanne, ich ging nur ganz schnell zu meinen anderen Kindern ins zweite Badezimmer. Als ich zurück kam, lagen die Jungs regungslos in der Wanne», erzählt Luul und kämpft dabei gegen die Tränen.
Sofort bemerkte sie den Föhn, der im Badewasser trieb, und reagierte schnell, wie sie sagt: «Als ich ihn aussteckte, versetzte es mir auch noch einen heftigen Stromschlag.» Dann nahm sie die beiden regungslosen Körper ihrer Buben sofort aus dem Wasser, leistete erste Hilfe, bis die Rettungssanitäter eintrafen. Doch weder Mutter noch Sanitäter konnten den Buben helfen. Die Rega flog die Kinder ins Inselspital, wo schliesslich der Tod der Buben festgestellt wurde.
Vorwürfe an Verwaltung
«Gott hat sie mir geschenkt, jetzt hat er mir sie wieder genommen», sagt die Mutter von acht Kindern und zittert. Auch wenn sie die Schuld am Tod der kleinen Buben sich selber gibt, macht sie der Verwaltung ebenfalls schwere Vorwürfe: «In diesem Haus stimmt etwas mit dem Strom nicht.» Zusammen mit ihrem Mann und den Kindern lebt sie in der Tannacker-Siedlung. Sie hätte das Problem schon mehrmals gemeldet, aber passiert sei nichts. Sie erzählt von Elektrogeräten, die nach wenigen Tagen kaputt gehen. Auch Glühbirnen seien manchmal nach wenigen Tagen in die Brüche gegangen.
Mit diesen Vorwürfen steht Luul Said nicht alleine da. Auch eine Mieterin, die im selben Haus wohnt, berichtet von Steckdosen, die nicht funktionieren würden: «Die Elektrik ist eine Katastrophe. Die Sicherungen fallen auch ständig raus.» Die Bilder vom Sonntag wird sie nicht wieder los. Als sie die Schreie hörte, sei sie sofort in die Wohnung der Saids gestürmt: «Dort sah ich die beiden kleinen, reglosen Körper. Damit kann ich fast nicht umgehen.» Sie wohnt mit zwei Mädchen einige Stockwerke weiter oben – aber nicht mehr lange: «Ich werde hier ausziehen. Ich werde nicht warten, bis erneut etwas geschieht. Was, wenn es nächstes mal meine Kinder trifft?»
Mieter wehrten sich 2013
Unterhalten wird die Liegenschaft von der Verwaltung Axxina Immobilien mit Sitz in Grenchen. Das Unternehmen stand 2013 heftig in der Kritik: Die SRF-Sendung «Schweiz aktuell» berichtete von Mietern, die über unhaltbare Zustände in den Wohnungen klagten. Besonders Brisant: Es waren Mieter der Tannacker-Siedlung.
«Stimmt etwas nicht, hat das Konsequenzen»
Bei der Verwaltung Axxina nimmt niemand zu den Vorwürfen Stellung. Stattdessen meldet sich Leonz Meyer, Verwaltungsratspräsident der Gerimax AG. Ihr gehört die Immobilie. Er spricht der Familie sein Beileid aus, alle im Unternehmen seien bestürzt: «Wir werden eine Untersuchung einleiten, um abzuklären, ob die elektrischen Anlagen in Ordnung sind.» Ihm sei nicht bekannt, dass es dort ein Problem gäbe: «Sollte tatsächlich etwas nicht stimmen, dann wird das Konsequenzen haben.»
Er gibt zu, dass es bis 2013 einen «Vollzugsstau bezüglich Unterhalt» gab. Dieser sei aber mittlerweile behoben. Meyer will nicht ausschliessen, dass die Elektrik nach diesem Vorfall nachgerüstet und sicherer wird.