FrankreichGravierende Schäden nach Medikamenten-Test
Ein Medikamenten-Test in Frankreich ist schiefgelaufen. Eine Versuchsperson ist hirntot, fünf weitere sind im Spital. Und viele mehr könnten betroffen sein.
- von
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In Frankreich mussten sechs Menschen, die an einem Test für neue Medikamente teilgenommen haben, ins Krankenhaus eingeliefert werden. Eine Person ist offenbar hirntot. Die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine hat diese Informationen bestätigt. Die ersten Symptome bei Testpersonen haben sich demzufolge bereits Anfang Woche gezeigt, worauf der Test abgebrochen und sämtliche Versuchspersonen zusammengerufen und untersucht worden seien.
Offenbar wurde das Schmerzmittel in unterschiedlicher Dosierung an 90 Personen getestet, wie die zuständige Ministerin Marisol Touraine mitteilt. Bei sechs Personen haben sich die schweren Nebenwirkungen gezeigt. Diese sechs Probanden hätten die gleiche Dosierung erhalten. Nun weisen sie teilweise neurologische Störungen auf. Ein Patient ist hirntot, vier Probanden befinden sich in einem lebensbedrohlichen Zustand.
«Ich habe keine Kenntnis von einem ähnlichen Vorfall. Das ist beispiellos», sagte Touraine. Für das bei der fehlgeschlagenen klinischen Studie verwendete Medikament gibt es kein Gegenmittel.
Gesundheitsministerin Touraine hat angekündigt, diesen dramatischen Vorfall bis ins kleinste Detail aufzuklären und die Verantwortlichen zu ermitteln. Die Nationale Agentur für Arzneimittelsicherheit und Gesundheit hat angekündigt, dass das Forschungszentrum einer genauen technischen Untersuchung unterzogen werde.
Erste Phase der Tests
Bei der Studie handelte es sich um die sogenannte Phase 1 eines Medikamententests. Dabei wird das Präparat einer kleinen Gruppe von freiwilligen gesunden Probanden verabreicht, die vor allem die Sicherheit der Anwendung und die Verträglichkeit des Mittels testen. In späteren und deutlich umfassenderen Phasen wird die Wirkung des Präparats getestet.
Die Leitung der Studie hat das medizinische Labor Biotrial mit Sitz in Rennes. Touraine ordnete eine Überprüfung des Unternehmens an. Biotrial zahlt Probanden zwischen 100 und 4500 Euro für die Teilnahme an klinischen Studien, je nachdem, wie aufwendig diese sind. Das Labor ist vom Gesundheitsministerium beglaubigt.
Portugiesisches Präparat
Getestet wurde ein Schmerzmittel, das als Tablette eingenommen wird. Diese sollte die Ausschüttung der körpereigenen Cannabioide erhöhen. In einer Mitteilung schreibt die Gesundheitsministerin, «die private Institution, die den Test durchführte, ist auf klinische Medikamententests spezialisiert, um Sicherheit und Verträglichkeit von neuen Produkten zu prüfen».
Das Labor Biotrial führte den Test im Auftrag der portugiesischen Pharmafirma Bial durch, wie «20 minutes» in Frankreich schreibt. Biotrial beschäftigt weltweit rund 300 Mitarbeiter, allein in Rennes sind es 200. Das Labor hat in den 25 Jahre seiner Arbeit Tests an rund 55'000 Testpersonen durchgeführt.
Klinische Medikamenten-Tests gelten allgemein als sicher, Zwischenfälle sind selten. 2006 landeten sechs Männer in einem Londoner Spital auf der Intensivstation nach Tests mit einem neuen Medikament zur Behandlung von Leukämie, rheumatischer Arthritis und Multipler Sklerose. Nochmal fünf Jahre früher starb eine junge Frau in den USA während der Teilnahme an einem Test eines experimentellen Medikaments gegen Asthma. (ofi/sda)