BaselGrossaufgebot wegen «sehr junger, ausgesprochen zierlicher Person»
Am Donnerstagabend riegelte die Polizei bei einem Grosseinsatz ein Gebäude ab und verhaftete eine Person. Für den Anwalt der Verhafteten ist das «völlig unverhältnismässig».
- von
- Steve Last
Darum gehts
Am Donnerstag wurde eine Frau in Basel verhaftet. Sie soll eine Polizistin mit Feuerwerk attackiert haben.
Der Verhaftung ging eine längere Belagerung einer besetzten Liegenschaft durch die Polizei voraus.
Der Anwalt der Verhafteten erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden.
Als «völlig unverhältnismässig» und «höchst fragwürdig» bezeichnet Andreas Noll, Anwalt der am Donnerstag in Basel verhafteten Person, den Grosseinsatz der Polizei rund um eine besetzte Liegenschaft an der Müllheimerstrasse. Es handle sich um eine Klientin von ihm, eine «sehr junge und ausgesprochen zierliche Person», wie er sie beschreibt.
Im Grundsatz stellt er die Frage, wieso man mit einem so grossen Aufgebot angerückt ist und wirft der Polizei vor, sie «spürt sich überhaupt nicht mehr, wenn es um links-alternative Kreise geht». Noll ist bekannt für seine scharfe Kritik an Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten, vor allem im Zusammenhang mit den «Basel nazifrei»-Prozessen.
In «Kampfmontur» und ohne Durchsuchungsbefehl
Zudem wirft er den Behörden vor, gar nicht erst versucht zu haben, per Vorladung den Kontakt mit der Verdächtigen gesucht zu haben. Stattdessen sei man gemäss seiner Darstellung direkt in «Kampfmontur» (Schutzausrüstung für den Ordnungsdienst) angerückt und in eine Wohnung eingedrungen, um die Frau zu schnappen. Ohne Durchsuchungsbefehl, wie die Besetzer laut Telebasel klagen – zurecht, wie die Polizei gegenüber dem Sender sagt.
Die Tatsache, dass es sich um ein besetztes Haus handelte, könnte bei der Grösse des Einsatzes eine Rolle gespielt haben. Und ob die Behörden überhaupt genug Informationen über die verdächtige Person hatten, um eine Vorladung zuzustellen, ist unklar. Noll war für Rückfragen zu seinen Vorwürfen am Freitag nicht zu erreichen.
Anwalt stellt Forderung an Regierungsrätin
Der Anwalt hat sein Schreiben, das der Redaktion vorliegt, an die Basler Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann adressiert. Er fordert sie auf, die Polizei bei der Anwendung von Staatsgewalt zurückzubinden. 20 Minuten konnte Eymann am Freitag nicht umgehend für eine Stellungnahme erreichen.
Ein Sprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements hat aber zugesichert, dass Noll eine Antwort erhalten werde – wie alle Personen, die sich an die Regierungsrätin wendeten. Die Polizei, die die Aktion ausgeführt und die Entscheidungen vor Ort getroffen hat, sagt, sie könne zu den Vorwürfen keine Auskünfte geben, da sie ein laufendes Verfahren der Staatsanwaltschaft betreffen.
Frau soll Polizistin mit Feuerwerk attackiert haben
Bei dem Verfahren dürfte es in einem ersten Schritt darum gehen, herauszufinden, ob die verhaftete Person für die angezeigten Handlungen in Frage kommt. Gemäss Mitteilung der Polizei vom Donnerstag geht es um den Vorwurf, am 3. Januar eine Polizistin mit Feuerwerk angegriffen zu haben.
Die aufgelisteten Straftatbestände sind Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Hinderung einer Amtshandlung. Ob sich der Verdacht gegen die Verhaftete erhärtet und es zu einer Anklage kommt, ist derzeit offen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche
Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein
Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Beratungsstellen für gewaltausübende Personen