Streiks in DeutschlandGrosse Solidarität – «endlich rührt sich was in diesem Schnarchland»
In Deutschland steht der öffentliche Verkehr wegen eines gross angelegten Streiks still. Viele Menschen zeigen sich solidarisch mit den Forderungen.

- von
- Reto Bollmann
Darum gehts
In Deutschland streiken am Montag Beschäftigte im öffentlichen Dienst und bei der Bahn, der öffentliche Verkehr kommt zum Erliegen.
In der Bevölkerung gibt es viel Solidarität mit den Streikenden.
Doch nicht alle sind mit den gewählten Mitteln für die Lohnforderungen einverstanden.
Der im Vorfeld angekündigte Streik in Deutschland ist im vollen Gange: Der Verkehr mit Zügen, Bussen und Flugzeugen in Deutschland ist am Montag weitgehend zum Erliegen gekommen, wie der «Focus» berichtet. Seit Mitternacht läuft der Warnstreik, der von Verdi und der Bahngewerkschaft EVG angeführt wird. Millionen Menschen mussten deswegen am Montag auf andere Weise als gewohnt zur Arbeit kommen; auf den Strassen wurden lange Staus erwartet.
Forderungen der Gewerkschaften
Verdi geht am Montag in Potsdam in die dritte Runde der Tarifverhandlungen für rund 2,4 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Die Gewerkschaft fordert 10,5 Prozent und monatlich mindestens 500 Euro mehr Gehalt. Die Arbeitgeber bieten eine Lohnerhöhung um insgesamt fünf Prozent für eine Laufzeit von 27 Monaten und als Inflationsausgleich eine steuerfreie Einmalzahlung von 2500 Euro an.
Die Bahngewerkschaft EVG befindet sich in Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn und rund 50 weiteren Unternehmen. Sie fordert bei einer Laufzeit von einem Jahr Lohnerhöhungen von insgesamt zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro als «soziale Komponente». In ganz Deutschland sollen im Laufe des Tages mehr als 50 Kundgebungen stattfinden.
Angesichts dieses Tarifkonfliktes warnte der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) vor einer finanziellen Überlastung der Kommunen und am Ende vor höheren Belastungen für die Bürger. (AFP)
Sollte es bei den am Montag beginnenden Lohnverhandlungen keinen Durchbruch geben, hat die Verdi-Geschäftsführerin Düsseldorfs, Stephanie Peifer, mit unbefristeten Streiks gedroht. «Die Arbeitgeber müssen sich gewaltig bewegen, sonst gehen wir in die Urabstimmung», so Peifer gegenüber der Nachrichtenagentur DPA.
Hältst du Streiks für angemessen, um für mehr Lohn zu kämpfen?
«An diesem überzogenen, übertriebenen Streik leiden Millionen Fahrgäste, die auf Busse und Bahnen angewiesen sind», sagte ein Bahnsprecher am Montagmorgen in Berlin. Nicht jeder könne vom Homeoffice aus arbeiten, so der Sprecher. Doch in der deutschen Bevölkerung scheint derweil die Unterstützung und Solidarität mit den Streikenden zu überwiegen, wie ein Blick in die sozialen Medien zeigt.
«Endlich rührt sich mal was in diesem Schnarch-Land. Streikt, was das Zeug hält! Weiter so!», schrieb ein Mann, der die Forderungen der Gewerkschaften offenbar unterstützt, in einem Twitter-Post.
«Sehe im Grossen und Ganzen in der Bevölkerung mehr Zustimmung als Ablehnung», fasst eine weitere Twitter-Userin ihre Eindrücke zusammen.
Viele waren davon ausgegangen, dass sich mit dem Wegfall der öffentlichen Verkehrsmittel riesige Staus auf den Strassen bilden würden. Zumindest teilweise gab es aber sogar weniger Verkehr als sonst: So schreibt ein Twitter-User, die Autobahnen in Nordrhein-Westfalen um kurz nach neun Uhr seien freier als sonst montags um diese Zeit. «Und um acht Uhr sah das nicht wesentlich schlimmer aus. Mit Homeoffice und -schooling ist es nicht mehr so wie früher», so die Schlussfolgerung.
«Einen Kollaps oder ein Riesenchaos sehen wir nicht», sagte eine Sprecherin des ADAC (Allgemeiner Deutscher Automobil-Club) am Montagvormittag in Hinsicht auf die Verkehrssituation auf den deutschen Strassen.
Doch nicht alle sind einverstanden mit den Mitteln und den Forderungen der Gewerkschaften. Als «Erpressung der Arbeitgeber» bezeichnet eine Twitter-Userin das Vorgehen, die Forderungen seien «völlig überrissen und an der Realität vorbei».
Währenddessen schreibt die «Zeit» in einem Artikel, der Streik sei «falsch, falsch, falsch». Er schwäche das Land zur Unzeit. «Seine Forderungen sind überzogen und er treibt Leute in den Individualverkehr, wo es doch um das Gegenteil gehen muss», so der Autor. Ein Twitter-User meint zum Artikel, er warte noch auf den Streik, der zur rechten Zeit kommt.
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