Grüne InitiativeSolarpflicht an Fassaden – sind Schweizer Dörfer bald alle schwarz?
Die Grünen fordern in ihrer neuen Volksinitiative nicht nur auf jedem Dach eine Solaranlage, sondern auch auf jeder Fassade. Das passt nicht allen.
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Darum gehts
In ihrer Initiative fordern die Grünen nicht nur Solarpanels auf jedem Dach, sondern auch an jeder «geeigneten» Fassade.
Da viele Panels farblich schwarz-blau sind, würde das zu schwarzen Dörfern oder «Blackhousing» führen.
Die Grünen wollen ihre Solarpflicht-Initiative am 26. August offiziell beschliessen.
Die Grünen fordern per Volksinitiative eine Solarpflicht. Das hat Parteipräsident Balthasar Glättli im Interview mit 20 Minuten angekündigt. Grund: Das Parlament macht bei einer derzeit hängigen, im Vergleich zur Grünen-Forderung wesentlich abgeschwächteren Solarpflicht aus seiner Sicht nicht vorwärts.
Offiziell werden die Grünen ihre Initiative an ihrer Delegiertenversammlung am Samstag lancieren. Der Initiativtext sorgt aber jetzt schon für mächtig Wirbel.
Eine Solaranlage auf jede Fassade
Nicht nur auf jedes Dach soll nach dem Willen der Grünen nämlich eine Solaranlage, sondern auch auf jede andere «geeignete Fläche», heisst es im Initiativtext. Das heisst im Klartext: Auch auf jede Hausfassade sollen Solarpanels.
Das ist der Initiativtext der Grünen Solarinitiative
Die derzeit meist verbauten Solarpanels sind schwarz-blau. Somit könnten die Schweizer Städte und Dörfer dereinst einen etwas tristeren Eindruck machen (siehe Fotomontage in der Bildstrecke). Bürgerliche sind entsetzt. «Wir sind auch deshalb ein schönes Land, weil wir schöne und vielfältige Dorf- und Stadtbilder haben», sagt zum Beispiel Mitte-Chef Gerhard Pfister.
Heimatschutz ist für «schwarze Dörfer»
Unterstützung erhält das grüne Anliegen vom Schweizer Heimatschutz. Die Vereinigung, die sonst eher im Ruf steht, Fortschritte zu verhindern, sagt nun: «Vielleicht wären ‹schwarze Dörfer› sogar schöner als das Stil-Sammelsurium, das heute landesweit vorherrscht», meint Geschäftsführer Stefan Kunz mit einem Schmunzeln.
Der Heimatschutz unterstütze den Ausbau der Fotovoltaik. «Die Ästhetik der Schweizer Dörfer und Städte wird sich verändern. Unsere Aufgabe ist es, diese Veränderungen möglichst qualitätsvoll zu gestalten», sagt Kunz.
Auch der geistige Vater des Initiativtextes, der Thurgauer Grünen-Nationalrat Kurt Egger sagt: «Die Gefahr eines ‹Blackhousings› sehe ich nicht.» Unterdessen gebe es auch farbige Panels, die gar nicht mehr als solche erkennbar seien.
Panels an Fassaden produzieren mehr Strom im Winter
Die Solarpflicht an Fassaden ist das grüne Rezept zur Bekämpfung der Winterstromlücke. Grund: Im Winter scheint die Sonne in einem flacheren Winkel, wodurch Panels an der Fassade oft mehr Strom produzieren können als solche auf dem Dach. Solaranlagen auf Fassaden seien somit «entscheidend, um die Winterstromlücke zu stopfen», sagt Egger.
Findest du Solarpanels auf Fassaden sinnvoll?
Und für einmal gibt SVP-Energiepolitiker Christian Imark sogar dem politischen Gegner recht – wenn auch nur auf technischer Ebene: «Im Winter mögen Panels auf Fassaden mehr Strom produzieren», weil diese eben besser zur Sonne ausgerichtet sind. «Die prognostizierten Erträge gehören aber definitiv in die Welt linker Träumereien, wie alle anderen Versprechen linker Energiepolitik», meint Imark.
Sind Panels auf Fassaden «brandgefährlich»?
Kritisch zeigt sich auch der Kanton Zürich. Dieser hat kürzlich einen Marschhalt beim Bau von Fassaden-Solaranlagen verfügt. Grund: mögliche Brandgefahr. Sollte sich diese in den derzeit laufenden Untersuchungen erhärten, warnt Christian Imark: «Das kann die von der Initiative angesprochenen ‹geeigneten Flächen› stark verändern.»
Sprich: Fassaden sind vielleicht gar nicht geeignet für Solarpanels. Kurt Egger gibt sich hingegen zuversichtlich: «Ich habe ein gutes Gefühl, dass sich das mit der Brandgefahr klärt. Es ist aber vernünftig, dieses Risiko gut abzuklären und soweit möglich zu reduzieren.»
Von der grünen Solarpflicht-Idee seien des Weiteren nur Anlagen betroffen, die auch wirtschaftlich betrieben werden können. «Es geht also am Ende für jeden und jede Hausbesitzerin auch finanziell auf», sagt Kurt Egger. Das heisst auch: Wenn die Fassade von einem Nachbarhaus stark beschattet ist, dann ist sie ungeeignet und fällt somit nicht unter die Pflicht. «Das ist zum Beispiel auch in vielen dicht bebauten Stadtzentren der Fall», sagt Kurt Egger.
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