ErweiterungGrünes Licht für EU-Beitritt von Kroatien
Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme Kroatiens als 28. Mitglied der Union. Das gab Viviane Reding, EU-Justizkommissarin, bekannt.
Die EU-Kommission sagt Ja zu einem Beitritt von Kroatien zur EU. Das erklärte EU-Justizkommissarin Viviane Reding am Freitagmorgen. «Wir können mit ruhigem und gutem Herzen ein Ja für Kroatien geben», sagte sie auf einem Justizministertreffen in Luxemburg.
Letzter Stolperstein vor Abschluss der offiziellen Verhandlungen sei das Justizkapitel gewesen. Binnen einen Jahres hätten die Kroaten ihr Justizsystem komplett reformiert, sagte die Kommissarin. Dem grünen Licht stehe damit nichts mehr im Wege.
EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle wollte die Empfehlung am Mittag in Brüssel offiziell verkünden. Vor dem Beitritt des ersten Westbalkanlandes liegen jetzt noch zwei letzte Hürden: Die Kroaten selbst müssen in einer Volksabstimmung Ja zur EU sagen. Und alle 27 Mitgliedsstaaten müssen den Beitrittsvertrag dann noch ratifizieren. Läuft alles nach Plan, wäre die Aufnahme zum Juli 2013 möglich.
Justizreform wird weiter überwacht
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso hatte die Zustimmung Brüssels schon angedeutet. «Wir stehen kurz vor einem entscheidenden Moment auf Kroatiens langer Reise in Richtung EU-Mitgliedschaft», erklärte er vor wenigen Tagen. Das Land hatte vor zwei Jahrzehnten seine Unabhängigkeit wiedererlangt und wird nach Slowenien der zweite Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien, der in die EU aufgenommen wird.
Mehrere Mitgliedsstaaten, insbesondere Frankreich, Grossbritannien und die Niederlande, haben lange Einwände geltend gemacht. Um ihnen gerecht zu werden, sollen die Fortschritte bei der weiteren Justizreform nun in einem Monitoring-System regelmässig überprüft werden.
Überzeugungsarbeit muss Ministerpräsidentin Jadranka Kosor aber auch noch im eigenen Land leisten: Dass die ehemaligen Generäle Ante Gotovina und Mladen Markac im April vom UN-Kriegsverbrechertribunal zu langen Haftstrafen verurteilt worden waren, hatte in der Bevölkerung Wut und Verdruss auf Europa ausgelöst. Die Zustimmung zum Beitritt war in der Folge von mehr als 60 Prozent auf deutlich unter 50 Prozent eingebrochen. (dapd)
Das EU-Beitrittsgesuch der Türkei
Das EU-Beitrittsgesuch der Türkei
Während Kroatien seit Freitag auf einen EU-Beitritt im Juli 2013 hoffen darf, kommen die Verhandlungen mit dem EU-Beitrittskandidaten Türkei kaum voran. Dabei wurden sie gleichzeitig mit jenen für Kroatien am 3. Oktober 2005 eingeläutet.
Tatsächlich eröffnet wurden die Beitrittsgespräche erst am 12. Juni 2006. Bei einem Treffen in Luxemburg schlugen die Aussenminister der EU und der Türkei das Kapitel «Wissenschaft und Forschung» auf, die Verhandlungen darüber wurden noch am selben Abend für vorläufig abgeschlossen erklärt.
Generell kommen die Beitrittsverhandlungen zwischen der Türkei nur schleppend voran. Ein Stolperstein auf dem Weg zu einem türkischen EU-Beitritt ist die Politik Ankaras gegenüber dem EU-Mitglied Zypern.
Schon vor Aufnahme der Beitrittsverhandlungen hatten die damals 25 Mitgliedstaaten die Türkei aufgefordert, die Zollunion mit der EU auf Zypern auszuweiten. Die Türkei weigerte sich, ihre See- und Flughäfen für griechisch-zyprische Schiffe und Flugzeuge zu öffnen.
Ankara verlangt von der EU, die Handelsbeschränkungen für den international nicht anerkannten Nordteil Zyperns aufzuheben, dessen Bevölkerung türkischsprachig ist. Zypern ist seit 1974 geteilt in die griechischsprachige Republik Zypern im Süden und den vom türkischen Militär kontrollierten Norden.
Auch die Annäherungen Ankaras an Teheran, insbesondere im Atomkonflikt, sowie anhaltend scharfe Kritik der Türkei an Israel haben einige Diplomaten in der EU aufgeschreckt.
Grundrechte nicht gewährleistet
Grundrechte nicht gewährleistet
Nach einer im März verabschiedeten Resolution des EU-Parlaments ist die Türkei noch nicht für einen EU-Beitritt bereit. Vor allem bei Grundrechten wie der Pressefreiheit sahen die europäischen Volksvertreter noch dringenden Handlungsbedarf. Zwar attestierten sie dem Land in einigen Kernbereichen durchaus Fortschritte, mahnten aber erneut eine umfassende Verfassungsreform an.
In ihrem letzten Fortschrittsbericht zur Türkei stellte auch die EU-Kommission gravierende Defizite bei der Wahrung der Grundrechte fest. Die türkische Regierung müsse ihre Anstrengungen zum Schutz der Meinungs- und Religionsfreiheit und der Rechte von Frauen und Minderheiten verstärken. «Ehrenmorde, Zwangsheiraten und häusliche Gewalt bleiben ernsthafte Probleme», hiess es.
Vorbehalte gegen Muslime
Vorbehalte gegen Muslime
In vielen europäischen Regierungen gibt es ausserdem starke Vorbehalte dagegen, einen so grossen Staat mit muslimischer Bevölkerung in die EU aufzunehmen. So möchte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Türkei statt eines Beitritts nur eine «privilegierte Partnerschaft» anbieten.