«Gummi und Stahl interessiert die Jugend nicht»
Der deutsche «Autopapst» Ferdinand Dudenhöffer checkt den am Donnerstag beginnenden Genfer Auto-Salon.
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Ferdinand Dudenhöffer, der «Auto-Papst».
Ferdinand Dudenhöffer, wie wichtig ist diese Messe für die Automobilindustrie?
Genf ist eine der ganz grossen und wichtigen Messen, neben Shanghai, Frankfurt oder Detroit. Nach Genf gehen alle sehr gerne. Denn hier startet der Auto-Frühling in Europa.
Weshalb gilt der Genfer Salon noch immer als einzigartig?
In Genf zeigt man Exklusives, Hochwertiges, Innovatives – Genf steht für Avantgarde und Emotionen. Aber gleichzeitig steht Genf auch für Demokratie.
Wieso für Demokratie?
Weil alle Hersteller in Genf ähnliche Standflächen haben. Es herrscht kein Gigantismus. Die Autos stehen im Mittelpunkt und nicht die riesigen Standbauten.
Bis vor wenigen Jahren bezeichnete man die Messen in Detroit, Genf, Frankfurt, Paris und Tokio die «Big Five». Wer Medienpräsenz erreichen wollte, musste bei diesen Messen dabei sein. Ist das heute auch noch so?
Einige Automessen werden ausgetauscht durch Computermessen. Die CES in Las Vegas ist heute deutlich wichtiger als Paris oder Detroit. Porsche hat sich Detroit «erspart», Ford hat in Paris gefehlt und Nissan wird man vergeblich in Frankfurt suchen. Das Auto ändert sich radikal und da braucht es für die traditionelle Automesse schon neue Wege.
Sie haben die Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas erwähnt, aber auch an dem eben zu Ende gegangen Mobile World Congress in Barcelona nahmen viele Marken teil. Macht diese Präsenz Sinn für die Automobilhersteller?
Ja, und das war erst der Anfang. Wir werden erleben, dass die CES, die Berliner Funkausstellung oder Spielemessen wie die Gamescom in Köln den «altehrwürdigen» Automessen den Rang ablaufen. Die Jugend ist eher bei virtuellen Abenteuern und mit Gummi und Stahl nicht mehr allzu stark zu beeindrucken.
Muss Genf um seinen Status als eine der internationalen Top-Messen fürchten?
Nein, Genf bleibt eine Top-Messe! Aber dass in diesem Jahr beispielsweise Tesla fehlt, das ist schon ein Manko. Dennoch muss Genf nicht um seinen Status fürchten. Aber für Paris und Tokio wird die Luft dünner.
Und in welche Richtung müsste sich die Geneva International Motor Show ihrer Meinung nach entwickeln?
Es fehlen die Apples, Googles und UBER dieser Welt. Auch Genf braucht meiner Ansicht nach mehr virtuelle Abenteuer!
Da die meisten Neuheiten ja schon im Vorfeld der GIMS enthüllt wurden, können Sie sicher schon ein Fazit ziehen?
Genf bringt ein «Festival der SUV» und spiegelt die Lust der Autokäufer auf Emotionen: Der Velar von Range Rover, Alfa mit dem Stelvio, Citroën mit einem DS 7 Crossland. Und dann natürlich die Avantgarde. Nirgends stehen so viele Ferrari, Porsche Sport Turismos, Pagani Roadster, Lamborghini, Rolls-Royce, Jaguar, Landrover, Bentleys, Bugatti, Mercedes-AMG-Sondereditionen so eng zusammen wie in Genf.
Und neue Trends?
Es bleibt beim Elektroauto und dem autonomen Fahren.
Trotzdem: Auf welche Neuheit sind Sie ganz besonders gespannt?
Der Porsche Panamera Turismo und der Range Rover Velar könnten spannend sein. Und natürlich ein bisschen Ferrari mit dem 812 Superfast.
Und welches Auto würden Sie persönlich direkt aus der Halle fahren?
Das Tesla Model 3, wenn es in Genf stehen würde. Aber da muss man wohl so oder so noch ein bisschen warten. Denn Elon Musk nimmt es mit der Zeit nicht ganz so ernst.
Interview: Dieter Liechti
Ferdinand Dudenhöffer
Der «Auto-Papst»
Ferdinand Dudenhöffer ist Professor an der Universität Duisburg-Essen in Duisburg und leitet dort das Fachgebiet «Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft». Gleichzeitig ist er Gründer und Direktor des CAR – Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen. Dudenhöffer arbeitete früher auch für die Marken Opel, Porsche, Citroën und Peugeot.