Star-Werber«Gute Werbung sollte die Leute nicht belästigen»
Frank Bodin ist einer der bekanntesten Schweizer Werbeprofis. Im Interview spricht er über schrumpfende Honorare und den Trend zu Instant-Marketing.
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In Zeiten von Stopp-Werbung-Aufklebern und Adblockern auf dem Handy – mögen Sie Ihren Job überhaupt noch?
Ja, sehr sogar. Gute Werbung soll die Menschen ja nicht belästigen, sondern sie gewinnen, informieren oder unterhalten. Mein Ziel ist es, Werbung zu machen, die die Leute gern haben und die sie nicht für dumm verkauft.
Wie stark hat Ihre Branche mit schrumpfenden Werbe-Etats zu kämpfen?
Die Werbeausgaben sind in den letzten Jahren weltweit gestiegen – auch in der Schweiz, von 3,6 Milliarden Franken im Jahr 2010 auf aktuell über 4 Milliarden. Sie verteilen sich heute einfach auf mehr Kanäle als früher.
Also ist alles in Butter?
Natürlich steht auch die Werbebranche unter Druck, beispielsweise bei den Honoraren. Es ist heute zum Beispiel technisch viel einfacher, einen Film zu produzieren – also gibt es mehr Anbieter, die das machen. Mehr Konkurrenz bedeutet auch Druck auf die Preise.
Kommt diese Konkurrenz vermehrt aus dem Ausland?
Auch. Werbung ist ein globalisiertes Geschäft, darum drängen ausländische Agenturen in die Schweiz. Und natürlich müssen Schweizer Agenturen in einem globalen Wettbewerb konkurrenzfähig sein, weil international tätige Schweizer Unternehmen heute mit Agenturen aus der ganzen Welt zusammenarbeiten.
Sie sind Präsident des Art Directors Club Schweiz. Dessen Werbepreis feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag. Wie hat sich Werbung in den letzten 40 Jahren verändert?
Die verlangte Geschwindigkeit in der Branche ist extrem geworden. Früher hatte ein Werber viel mehr Zeit, sich eine Kampagne zu überlegen und sie zu gestalten. Heute heisst die Devise oft «billiger und schneller». Dieser Trend zur Instant-Werbung geht leider zulasten der Qualität.
Ist Werbung also schlechter geworden?
Die Kreativität hat in den vergangenen Jahren schon etwas gelitten. Aber ich bin überzeugt, dass gerade ein neues Zeitalter der Kreativität anbricht – denn die Leute haben es satt, mit billigen Inhalten bombardiert zu werden.
Für die Preisverleihung des diesjährigen ADC-Awards wurde die Gala-Zeitung im Look von 20 Minuten gestaltet. Ein Print-Produkt zur Feier – ein Zeichen dafür, dass die Branche den Schritt ins Digitale noch nicht geschafft hat?
Im Gegenteil – ich bin der Meinung, dass die Branche den digitalen Wandel gut meistert. Digitalisierung heisst ja nicht, dass man die alte Welt abschaffen muss. Die Menschen freuen sich beispielsweise bei Veranstaltungen auch heute noch, wenn sie etwas Physisches in die Hand bekommen, das sie gemeinsam anschauen können. Wer die Gala-Zeitung digital bevorzugt, kann sie sich übrigens auch als E-Paper runterladen.
Werden wir irgendwann trotzdem in einer Welt ohne Printprodukte leben?
Ja, ich kann mir vorstellen, dass die gute alte Tageszeitung irgendwann ausgedient hat, weil die Vorteile der digitalen Möglichkeiten einfach überwiegen. Das heisst aber nicht, dass der Mensch völlig auf die Vorzüge von Printprodukten verzichten wird. Auf das papierlose Büro warten wir ja auch seit Jahren.
Die «ADC Creative Week» an der Zürcher Hochschule der Künste dauert noch bis Samstag, 12. März. Einer der Höhepunkte ist die öffentliche Preisverleihung am Samstag um 17 Uhr.
Zur Person
Frank Bodin ist Präsident des Werber-Berufsverbands ADC Schweiz, der Vereinigung der führenden Kreativen der Kommunikationswirtschaft, und Chef der Werbeagentur Havas Worldwide.
ADC-Awards
Die Awards des Art Directors Club (ADC) werden jedes Jahr für die kreativsten Leistungen in Marketing, PR und Werbung verliehen. Die Jubiläums-Galazeitung wurde im Layout von 20 Minuten gestaltet. Der Preis wird am 12. März 2016 vergeben. 20 Minuten ist der diesjährige Medienpartner der Veranstaltung.