Schweizer Ski-Star«Ich habe eine Antwort darauf, warum es letztes Jahr so schlecht lief»
Pünktlich zur Ski-WM in Courchevel/Meribel hat Ramon Zenhäusern wieder zu seiner Topform gefunden. Wir haben mit dem Schweizer Slalom-Star gesprochen.
- von
- Sven Forster
Dank dieser guten Fahrt gings für Zenhäusern wieder aufs Podest.
Darum gehts
Ramon Zenhäusern zählt mit acht Podestplätzen zu den erfolgreichsten Schweizer Slalom-Fahrern der Geschichte.
Nach einer harten Saison ist der 2,02-Meter-Hühne zurück an der Weltspitze.
Am Samstag steht in Chamonix ein nächster Slalom auf dem Programm.
Wir haben mit dem 30-Jährigen gesprochen.
Ramon Zenhäusern: Warum klappt es in diesem Jahr wieder so gut?
Zenhäusern: Die Frage müsste eigentlich sein, warum lief es im letzten Jahr so schlecht. Da habe ich eine Antwort. Angefangen hatte es mit einem Sturz und einer Schulterverletzung. Über Weihnachten kamen noch Rückenschmerzen dazu und ich habe mich mit dem Material verzettelt. Am Schluss war auch Corona noch ein Thema.
Es gab Kritik und Stimmen, die sagten, dass du den Zenit überschritten hast. Hat dich das beschäftigt?
Ende letztes Jahr war ich schon am Boden zerstört. Hatte Probleme mit der Motivation. Solche Aussagen haben mich beschäftigt. Aber es war auch immer eine Motivation. Früher haben sie gesagt, mit meiner Grösse ist es nicht möglich, ein Slalom-Fahrer zu werden. Übrigens hat mich der Experte Thomas Wörndl angerufen und sich bei mir für die Zenit-Aussage entschuldigt. Das ist ja auch ein schönes Gefühl.
Hattest du Rücktrittsgedanken?
Ja, der Gedanke war schon da, aber ich habe gewusst, dass es doof wäre, einfach hinzuschmeissen. Ein Tief gehört im Spitzensport wie auch im Leben dazu. Es kann nicht immer aufwärts gehen. In dem Moment war es aber hart.
Was gab dir die Kraft, immer weiterzumachen?
Es war die Freude am Skifahren selber, einfach auf der Piste zu sein. Ich bin auch bis November kaum Trainings mit Zeitmessung gefahren, sondern habe nur auf mein Körpergefühl geachtet, dass die Freude zurückkehrt.
Hast du auch externe Hilfe geholt?
Ja, ich arbeite schon länger mit einem Sportpsychologen zusammen. Im letzten Jahr habe ich die Zusammenarbeit aber reduziert gehabt. Das ist in diesem Jahr wieder anders.
In den Interviews nach den ersten Top-10-Plätzen in diesem Jahr hast du immer von Geduld gesprochen. Wie geduldig warst du wirklich?
Ich habe schon immer an mich und meine Fähigkeiten geglaubt. Ich war mit den Resultaten wirklich happy, weil ich Schritt für Schritt nehmen wollte. Vor zwei Jahren hätten mich diese Positionen aber angegurkt.
Vorher hast du deine Grösse angesprochen. Wie schaffst du es, dich mit 2,02 Metern so elegant durch den Stangenwald zu bewegen?
Ich muss sicher viel sauberer und präziser auf dem Ski stehen. Wenn man bei meiner Grösse in Rücklage gerät, dann katapultiert dich das in die Luft wie eine Rakete. Aber wenn man das im Griff hat, kann die Grösse mit dem Gewicht auch zum Vorteil werden.
Wird Ramon Zenhäusern eine Medaille an der WM gewinnen?
Was sind denn allgemein die Vor- und Nachteile bei deiner Grösse?
Der Vorteil ist klar, dass man bei Open-Airs immer auf die Bühne sieht. Nachteil ist schon, dass man zum Beispiel bei Notausgang-Schildern oder Lampen aufpassen muss. Da habe ich mir schon oft die Birne angeschlagen.
Und wie sieht es bei Möbeln wie etwa Betten aus?
Im Schweizer Möbelmarkt ist es nicht leicht, ein komplettes Set zu erhalten. Manchmal ist die Matratze zu kurz, mal der Lattenrost. Selten passen alle Komponenten zusammen. Deshalb bin ich auch unterwegs sehr innovativ unterwegs. In Val D’Isere habe ich zum Beispiel den Lattenrost mit vielen Kleiderbügeln erhöht, dass ich meine Füsse über das Holzbrett am Bettfuss drüber lampen konnte. Dazu habe ich solche Bretter auch schon abgeschraubt im Hotel.
Nach Schladming hast du dich beim ORF-Interview als langen Lulatsch bezeichnet. Das Video ging viral. Was hast du für Rückmeldungen erhalten?
Viele Leute haben gelacht. Es waren schon Emotionen drin. Viele haben ja auch immer da gesagt, ich bin nur im Flachen schnell, dann habe ich etwas provokativ den langen Lulatsch ausgepackt. Ich war nicht sicher, ob sie es kannten, war aber schon überrascht. Ich hab bei ORF auch schon das Wort Bireweich benutzt, das kannten sie hingegen nicht.
Du bist einer der erfolgreichsten Schweizer Slalom-Fahrer der Geschichte. Merkst du, dass du auch für viele Talente ein Idol bist?
Ja, kann ich nicht abstreiten, aber das ist ja auch schön. Wenn ich zum Beispiel am Mittagessen bin und sehe, wie Kinder vorbeikommen, winken und Fotos möchten. Mit meiner Grösse kann man sich schlecht verstecken.
Fühlst du dich nicht teilweise gestört davon?
Grundsätzlich lebt unser Sport ja auch davon. Es ist ja schön, wenn man den Tag der Personen versüssen kann. Aber klar, es gibt Momente zum Beispiel kurz vor dem Start, wo ich denke, das müsste jetzt nicht sein.
Wer war eigentlich dein Idol?
Ja, schon etwas die Personen aus der Region. Didier Plaschy, Silvan Zurbriggen oder auch Daniel Albrecht, von dem ich übrigens immer die Ski-Dresses erhalten habe, wo ich aber immer noch bei der Näherin das Füdli anpassen musste.
Pünktlich auf die WM bist du in Topform. Was sind deine Ziele bei der WM? Gehts auch etwas um die Freude?
Ich probiere einfach mein Potenzial abzurufen. Es ist ein Tag, ein Rennen und im Slalom kann so viel passieren. Resultatmässig ist es schwierig zu sagen. Ich will auch da Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug weiterkommen und das Beste daraus machen.
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