IT-Experten warnen«Hacker könnten die Grundversorgung in der Schweiz lahmlegen»
Die Schweiz sei schlecht gerüstet gegen Cyberkriminalität, sagen Experten und Expertinnen. Wenn das Land nicht handle, drohten Angriffe auf systemrelevante Firmen und Einrichtungen.

- von
- Seline Bietenhard
Darum gehts
Die Schweiz ist laut Experten und Expertinnen schlecht gegen Cyberkriminalität gerüstet.
Eine Organisation fordert nun ein Staatssekretariat für Cybersicherheit.
Es drohe ansonsten eine Lahmlegung von Grundversorgungseinrichtungen.
Der Nachrichtendienst des Bundes beobachtet eine Zunahme von Cyberangriffen.
Am Dienstag wurde bekannt, dass Daten von Steuererklärungen im Darknet geleakt wurden. Laut einer Statistik kam es alleine in der zweiten Oktoberwoche zu 832 Cybercrime-Vorfällen, die dem Nationalen Zentrum für Cybersicherheit NCSC gemeldet wurden.
Nun schlagen IT-Experten und -Expertinnen Alarm. Zum Beispiel «CH++», eine Organisation, die sich für digitale Sicherheit in der Schweiz einsetzt. «Die Schweiz läuft gerade in die nächste Krise hinein, sie ist auf die rasant wachsende Gefahr digitaler Angriffe schlecht vorbereitet», sagt Vorstandsmitglied Hannes Gassert. Aus diesem Grund fordert Gassert, dass der Bund ein Staatssekretariat für Cybersicherheit schafft.
Mögliche Lahmlegung von Grundversorgungseinrichtungen
«Kaum ein Spital, Wasserversorger oder Transportunternehmen hat eine Chance gegen die Angriffe durch die Erpresser-Software Ransomware, und wenn es dort schief geht, kann das sehr schnell richtig gefährlich werden — nicht nur für das Portemonnaie, sondern für Leib und Leben», sagte Gassert weiter. Der Zürcher IT-Unternehmer warnt vor einer lahmgelegten Wasser- und Stromversorgung sowie vor einer stillgelegten Telekommunikation, die die Gesellschaft hart treffen würde.
«Es ist 5 vor 12»
Auch Nicolas Mayencourt, CEO von Dreamlab Technologies und Cyber-Experte, stützt die Ansichten von CH++. Laut Mayencourt ist eine Lahmlegung der Grundversorgung sogar zu fast 100 Prozent wahrscheinlich. «Die Frage ist, wann und wie es passiert und wie gut wir zu diesem Zeitpunkt darauf vorbereitet sind», so Mayencourt.
Gemäss dem Berner Cyber-Experten ist es schon fast zu spät. «Die Schweiz muss nun sehr schnell entscheiden, damit nicht dieselben Schäden wie in den USA entstehen.» Die Sicherheit sei die erste Aufgabe des Staates. «Ein solches Sicherheitsdepartement, welches über die Kantons-, Gemeinde- und Departementsgrenzen gehen würde, ist sehr gefragt und auch gefordert», sagte Mayencourt. «Der Cyberspace ist eine Dimension, die alles durchdringt. Alles hängt mittlerweile vom Internet ab», sagte Mayencourt zu 20 Minuten. Es gebe fast keinen Lebensbereich mehr, der nicht von der Digitalisierung kontrolliert werde.
Deutlicher Anstieg von Cyberangriffen
Auch der Nachrichtendienst des Bundes NDB beobachtet einen deutlichen Anstieg von Cyberangriffen. So steht in dem Lagebericht von 2020, dass Schweizer Unternehmen Ziel von Cyberangriffen oder Cyberoperationen werden, die der Wirtschaftsspionage dienen. Von solchen Angriffen betroffen seien auch Betreiber kritischer Infrastrukturen.
«Cyberspione stehlen üblicherweise Fabrikationsgeheimnisse, Patente sowie Informationen zu geplanten Fusionen, Übernahmen, Marktdurchdringung oder Investitionen», so der NDB. Sie hätten bis heute zwar Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen in der Schweiz festgestellt, dafür aber noch keinen Fall von Cybersabotage an einer kritischen Infrastruktur bemerkt.
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