Jungfraubahnen: «Hätte ich doch die V-Bahn nicht verhindert»

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Jungfraubahnen«Hätte ich doch die V-Bahn nicht verhindert»

Ein neuer Werbespot zeichnet ein düsteres Szenario, falls die V-Bahn nicht kommen würde. Projektgegner sind ebenso befremdet wie Werbeexperten.

Simon Ulrich
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Simon Ulrich

Wir schreiben das Jahr 2026: Grossvater und Enkel sitzen vor dem Alpenpanorama auf einem stillgelegten Sessellift der Jungfraubahnen. Der Grossvater blickt reumütig in die Vergangenheit zurück: Damals, vor zehn Jahren, sei man hier noch Ski gefahren. Menschen seien von überall gekommen und der Tourismus habe floriert. Doch dann sei man faul geworden, habe neue Ideen verworfen – und alles sei bachab gegangen. Er gelangt zur Erkenntnis: «Hätte ich doch nur das V-Bahn-Projekt nicht verhindert.» Dies ist der Inhalt des neuen Werbespots, mit dem die Jungfraubahn für ihr Projekt wirbt.

«Der Werbespot ist völlig übertrieben und in kommunikativer Hinsicht sehr fragwürdig», sagt Katharina Conradin, Geschäftsleiterin der Alpenschutzorganisation Mountain Wilderness. Er mache die Gegner des V-Bahn-Projektes pauschal zu «Totengräbern des Tourismus», obschon es gute Gründe gegen das Vorhaben gebe. «Das Video widerspiegelt, wie man die Gegner verunglimpft und einzuschüchtern versucht», so Conradin.

Zu viel Schwarzmalerei

Auch Marcel Durst, Managing Director der Berner Werbeagentur Komet, ist wenig begeistert vom Video: «Es ist ein schönes Beispiel, dass es für einen erfolgreichen Werbespot mehr braucht: nämlich eine gute Botschaft, eine gute Idee und eine gute Ausführung.» Problematisch sei vor allem, dass der Film alleine mit Schwarzmalerei arbeite. Das funktioniere in der Regel nicht. Zudem sei der Spot viel zu lange.

Daniel Sulzer, Direktor von Interlaken Tourismus, teilt die Meinungen von Conradin und Durst keineswegs: «Das Video ist gut gemacht und zeigt eindringlich die Wichtigkeit der V-Bahn für den Tourismus sowie die Notwendigkeit, dass man möglichst bald mit deren Bau beginnen kann.» Interlaken stehe daher voll und ganz hinter dem Projekt.

Umstrittenes V-Bahn-Projekt

Mit dem Projekt V-Bahn wollen die Jungfrau- und die Männlichenbahn für rund 400 Millionen Franken die Skigebiete oberhalb von Grindelwald neu erschliessen. Der eine Ast der Bahn soll von Grindelwald in Richtung Eigergletscher führen, der andere die bestehende Männlichenbahn ersetzen.

Das V-Bahn-Projekt gilt als umstritten. Immer wieder gab es Einsprachen und Einwände, unter anderem von den Umweltschutzorganisationen Pro Natura, der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz sowie von Mountain Wilderness.

Noch Einsprachen hängig

Laut Jungfraubahn-Sprecherin Patrizia Bickel konnten mit vielen Einsprechern bereits Einigungen gefunden werden. Wenige Rekurse seien aber noch hängig: «Wir führen hier weitere Gespräche.»

In einem nächsten Schritt muss das Bundesamt für Verkehr über die Einsprachen entscheiden. Der Kanton könnte noch dieses Jahr eine Entscheidung bei der Raumplanung fällen. Frühestmöglicher Baubeginn wäre im Frühjahr 2017.

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