Holzbranche in NotHarter Franken macht Schweizer Wald kaputt
Der Fall der Euro-Untergrenze schockt die Holzindustrie. Ohne Gegenmassnahmen seien Wald und Schweizer Bürger ernsthaft gefährdet, heisst es aus der Branche.
- von
- Valeska Blank
Die Anrufe aus Deutschland und Österreich kamen noch am selben Tag. Sollten die Preise nicht sofort um 15 Prozent sinken, könnten keine Geschäfte mehr abgeschlossen werden. Mit dieser Forderung waren am 15. Januar – dem Tag, an dem die Schweizerische Nationalbank die Franken-Untergrenze aufhob – zahlreiche Schweizer Waldbesitzer und Holzverarbeitungsbetriebe konfrontiert. «Schon am Abend des 15. Januar wussten viele Firmenchefs nicht mehr, wie ihr Unternehmen jetzt noch überleben soll», sagt Markus Brunner, Direktor von Waldwirtschaft Schweiz.
Seither sei die Branche wie gelähmt. Knall auf Fall sei der Export für viele zum «ausweglosen Verlustgeschäft» geworden, und die Konkurrenz aus dem mittlerweile 40 Prozent billigeren EU-Ausland drücke die Branche «regelrecht an die Wand», so Brunner an einer Medienkonferenz vom Donnerstag in Worb BE. Seine Prognose: ein Ertragsausfall von rund 165 Mio. Franken für Holzindustrie und Waldwirtschaft, Werkschliessungen und der Verlust von vielen der 12'000 Jobs in der Branche.
Schlecht für die Bevölkerung
Die Folge: Der Schweizer Wald kann nicht mehr genügend gepflegt und bewirtschaftet werden. Waldbesitzer hätten bereits aufgehört zu investieren, sagt Brunner: «Sie lassen einfach nicht mehr holzen, weil sie sowieso nur drauflegen.» Das gelte für private Wälder, aber auch für Schutzwälder. Dieses plötzliche Herunterfahren der Waldbewirtschaftung habe nicht nur Konsequenzen für die Branche, sondern auch für die Schweizer Bevölkerung:
• Mehr Naturgefahren: Schutzwälder schützen in der Schweiz Tausende von Siedlungen und Verkehrswegen vor Lawinen, Steinschlag, Hangrutsch und Hochwasser. Werden sie nicht ausreichend gepflegt, droht der Verlust der Schutzfunktion.
• Mehr Schädlinge: Werden keine neuen Bäume gepflanzt, überaltert der Wald. Das macht ihn anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfer, aber auch weit gefährlichere Insekten wie den asiatischen Laubholzbockkäfer, der aus China importiert wurde. Dieser Schädling bringt die Bäume innert kurzer Zeit zum Absterben.
• Schlechteres Trinkwasser: Grundwasser aus Schweizer Wäldern lässt sich in der Regel als Trinkwasser nutzen. Leidet die Forstbewirtschaftung, leidet auch die Wasserqualität in den Schweizer Haushalten.
• Schlechtere Luft: Bäume können beachtliche Mengen Staub aus der Luft abfangen. Je vitaler die Bestände, desto besser funktioniert der Wald als Luftfilter. Umgekehrt heisst dass, dass ein ungepflegter und überalterter Wald die Luft schlechter reinigen kann.
Investitionen vorziehen
Damit es nicht so weit kommt, fordert die Schweizer Holz- und Waldindustrie Unterstützung von Bund, Kantonen und Gemeinden. «Wenn beispielsweise die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe befristet entfallen und der Holztransport dadurch billiger würde, wäre das eine rasche Entlastung innert weniger Wochen», sagt Brunner.
Eine weitere Forderung ist, dass Investitionen in die Holzbranche vorgezogen werden. «Das würde uns helfen, die Durststrecke durchzustehen und die Waldpflege sicherzustellen.»