Turmfalke: Hat ein Taubenzüchter den Raubvogel abgeschossen?

Aktualisiert

TurmfalkeHat ein Taubenzüchter den Raubvogel abgeschossen?

Mit einer Schusswaffe wurde in Ottikon ZH auf einen Turmfalken geschossen. Auch eine Operation konnte ihn nicht mehr retten.

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sda/rom
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Der Turmfalke ist rund 35 Zentimeter gross und gehört damit zu den kleinen Falken. Er steht unter Artenschutz.

Der Turmfalke ist rund 35 Zentimeter gross und gehört damit zu den kleinen Falken. Er steht unter Artenschutz.

Kapo ZH
Er ist vor allem für seine Jagdweise bekannt, indem er erstaunlich lange, durch schnelle Flügelschläge, an gleicher Stelle verharrt, um nach geeigneter Beute wie Mäuse und Insekten, Ausschau zu halten.

Er ist vor allem für seine Jagdweise bekannt, indem er erstaunlich lange, durch schnelle Flügelschläge, an gleicher Stelle verharrt, um nach geeigneter Beute wie Mäuse und Insekten, Ausschau zu halten.

Keystone/AP/Michael Heng

Der Raubvogel wurde am Dienstagmorgen, 28. Februar, von einem Anwohner am Dorfrand gefunden. Der Tierrettungsdienst brachte den Vogel ins Tierspital Zürich, wo er untersucht und operiert wurde. Den Eingriff überlebte das Tier jedoch nicht, wie die Kantonspolizei am Mittwoch mitteilte.

Die Verletzungen dürften von einer Schusswaffe verursacht worden sein. Um was für eine Waffe es sich gehandelt haben könnte, wird laut einer Kapo-Sprecherin noch abgeklärt. Es sei sehr ungewöhnlich, dass jemand auf einen Turmfalken schiesse.

Die Kantonspolizei sucht nun Personen, die am 28. Februar verdächtige Wahrnehmungen gemacht oder Schiesslärm gehört haben. Sie hat Anzeige gegen unbekannt erstattet. Sollte der mutmassliche Täter eruiert werden können, blüht ihm ein Verfahren wegen Vergehens gegen das Jagd- und gegen das Tierschutzgesetz.

Turmfalken sind in der Schweiz geschützt, weil ihre Bestände in den vergangenen Jahrzehnten deutlich abgenommen haben. Schuld daran sind gemäss der Vogelwarte Sempach die ausgeräumten, intensiv genutzten Landschaften. Dadurch gibt es weniger Nahrung und weniger Nistmöglichkeiten für die Raubvögel.

Wegen totem Habicht verurteilt

Immer wieder gibt es in der Schweiz aber auch Meldungen, dass Raubvögel wie Turmfalken, Wanderfalken und Habichte getötet werden. Im Verdacht stehen dann oft Taubenzüchter, die um ihre teuren Vögel fürchten, weil diese auf dem Speiseplan der Raubvögel stehen.

In gewissen Taubenzüchter-Kreisen in der Schweiz und im Ausland wird gar die «systematische Ausrottung» von Greifvögeln gefordert. Im vergangenen Jahr stand erstmals einer dieser Taubenzüchter vor Gericht. Er hatte eine seiner Tauben mit Gift bestrichen und so einen Habicht getötet. Das Bezirksgericht Dielsdorf verurteilte den Mann zu einer bedingten Freiheitsstrafe von elf Monaten.

Ob der nun abgeschossene Falke einem Taubenzüchter zum Opfer fiel, ist gemäss Polizei noch völlig unklar.

Eine Verwechslung?

Bei der Vogelwarte Sempach kann man sich nicht vorstellen, dass jemand absichtlich auf Turmfalken schiesst: «Der tagaktive Greifvogel jagt keine Tauben – falls es ein Taubenzüchter war, dann hat er ihn vermutlich mit einem Wanderfalken oder einem Habicht verwechselt», sagt Sprecher Michael Schaad.

Ein Turmfalke jage auch weder Hühner noch Enten und sei für die Landwirte sogar äusserst nützlich, weil er Mäuse fange. Viele Bauern würden sogar extra Kästen aufhängen, damit die Turmfalken ihre Jungen aufziehen könnten.

Bis zu 3000 Mäuse pro Jahr

Pro Jahr eliminiert ein Pärchen Turmfalken, dessen Flügelspannweite zirka 75 Zentimeter beträgt, nämlich zwischen 2000 und 3000 Mäuse. Diese frisst es nicht nur selber, sondern füttert damit auch seine Jungen. In der Schweiz brüten laut Schaad rund 4000 bis 6000 Turmfalken-Paare.

Im Gegensatz zu anderen Greifvögeln ist er wenig scheu, und sitzt gerne auf Zaunpfosten und Masten, um nach Mäusen Ausschau zu halten. «In so einem Moment könnte er zu einem Ziel werden», sagt der Biologe.

Bekannt sei der Turmfalke vor allem wegen seines so genannten Rüttelflugs, den er auf der Suche nach Nahrung häufig anwendet. Dabei verharrt er während langer Zeit in der Luft an Ort und Stelle, indem er heftig mit den Flügeln schlägt. Schaad: «Er gehört in der Schweiz zu den bekanntesten und verbreitetsten Greifvögeln.»

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