«Time-out»: Hat Gottéron zu grosse Angst vor den Kanadiern?

Aktualisiert

«Time-out»Hat Gottéron zu grosse Angst vor den Kanadiern?

Gottéron tanzt. Aber ist Gottéron auch so hart und so furchtlos, dass es am Sonntag gegen Team Canada das Halbfinale gewinnen und ins Finale einziehen kann?

von
Klaus Zaugg

Gottéron tanzt den «Electric Boogie». Dieser Tanzstil ist in den 1970er Jahren in Kalifornien kreiert worden – und Fribourgs kanadischer Verteidiger Joel Kwiatkowski hat daraus den Siegestanz seines Teams gemacht. Nach dem zweiten Sieg (5:2 gegen Mannheim) und der Halbfinalqualifikation blieben Gottérons Spieler am Samstag auf dem Eis und feierten vor ihrer Fankurve den Triumph im Tanzschritt, der an «Eletric Boogie» erinnert. So machen sie es seit dieser Saison nach jedem Heimsieg - doch jetzt tanzten sie auf fremden Eis. «Das Ganze ist eigentlich spontan entstanden und hat sich immer weiter entwickelt. Es ist eine besondere Form, um mit unseren Fans zu kommunizieren», sagt «Vortänzer» Kwiatkowski. Cheftrainer Hans Kossmann sieht es gerne: «Solche Aktionen sind gut für den Zusammenhalt des Teams.»

Die Frage ist nun: Kann Gottéron im Halbfinale auch auf dem Eis gegen Team Canada tanzen? Ist Gottéron, ein welsches Team, hart genug, um gegen die Kanadier zu bestehen? Trainer Hans Kossmann ärgert sich über diese Frage. Weil er darin nicht ganz zu Unrecht ein Vorurteil gegen die welsche Hockey-Mentalität vermutet. Er sieht kein Problem: «Team Canada ist in erster Linie ein spielstarkes Team. Es geht nicht darum, hart zu spielen. Sondern viel zu laufen und diszipliniert zu verteidigen.»

Fribourg mit defensiven Winterreifen unterwegs

Die Statistik macht Hoffnung. Hans Kossmann hat Gottéron die defensiven Winterreifen montiert. Die Mannschaft führt mit der stabilsten Defensive die Tabelle der NLA an. Noch nie in seiner Geschichte war Gottéron defensiv so stark und als Mannschaft so gut organisiert wie im zweiten Jahr unter dem strengen Bandengeneral Hans Kossmann. Zudem wird gegen die Kanadier mit Ambris Cory Schneider einer der besten NHL-Goalies im Tor stehen. Wenn eine Schweizer Mannschaft diesen Kanadier widerstehen kann – dann ist es dieses Gottéron.

Wie gut diese Mannschaft gecoacht und trainiert wird, zeigt sich auch daran, dass gegen Mannheim in allen Varianten Tore erzielt worden sind: Im Powerplay, in Unterzahl (zum wegweisenden 1:0) und bei fünf gegen fünf Feldspielern. Und zudem haben alle vier Angriffsreihen mindestens einen Treffer erzielt. Es ist eine gut geölte und abgestimmte Hockeymaschine. Sie war Mannheim – immerhin Tabellenführer in der Deutschen Eishockey-Liga DEL – in allen Bereichen, zu Land, zu Wasser und in der Luft, überlegen.

Respekt - oder doch Angst?

Und doch gibt es auch leise Zweifel. Bei Gottéron reden alle – Trainer Hans Kossmann und jeder Spieler, der in der Sache befragt wird – wie gut diese Kanadier seien, wie sehr man auf sorgfältige Defensivarbeit achten müsse. Das ist zwar richtig. Aber diese Einstellung kann auch zu einer zu passiven und zu ängstlichen Spielweise führen. Und die Frage provozieren: Hat Gottéron zu grosse Angst vor den Kanadiern? Hans Kossmann verneint. «Wir haben Respekt vor diesem Gegner. Aber in unserem Team sind genug Spieler, die schon oft auch international gegen NHL-Profis gespielt haben. Nein, Angst ist kein Thema.»

Hoffentlich hat Gottérons Trainer recht. Denn die Kanadier haben zwar tatsächlich eine furchterregende Offensive – aber in der Abwehtr sind sie verletzlich. Eine freche Vorwärtsstrategie könnte durchaus erfolgreich sein. Oder noch anders gesagt: Nur wenn Gottérons Hockey-Helden auf den Zehenspitzen stehen, immer bereit im Angriff, haben sie eine Chance. Wenn sie zu abwartend auf den Fersen stehen, dann werden sie überrannt.

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