Spengler-CupHeftige Kontroverse um den zockenden HC Davos
Darf man am Spengler-Cup eine sportlichen Strategie über der Unterhaltung gewichten? Der HCD tut es – das kommt nicht überall gut an.
- von
- Marcel Allemann
Um den HC Davos ist am 93. Spengler-Cup eine heftige Kontroverse entstanden. Die Bündner traten zum letzten Gruppenspiel am Samstagabend gegen das Team Canada freiwillig mit einem Rumpfteam an. Sie schonten ihre Söldner Magnus Nygren, Mattias Tedenby und Aaron Palushaj. Sie verzichteten auf die drei Verstärkungsspieler Harri Pesonen, Casey Wellman und Danny Kristo, die vertraglich bedingt maximal vier Spiele am Turnier bestreiten dürfen. Gerade mal drei komplette Blöcke schickten sie aufs Eis, blieben gegen die Kanadier entsprechend chancenlos und erhielten eine 1:5-Abfuhr.
«Wir versuchen es mit einem neuen Ansatz»
«Wir antizipierten, dass wir am Sonntagnachmittag bereits wieder gegen Turku spielen müssen und wollen da mit der bestmöglichen Mannschaft antreten. Da wir gegen das Team Canada gewisse Kräfte geschont haben, haben wir eine gute Chance, dieses Spiel zu gewinnen», begründet HCD-Sportchef Raeto Raffainer diese spezielle Massnahme. Es sei unrealistisch gewesen, gegen die starken Kanadier mit vier Toren Unterschied zu gewinnen, noch Gruppensieger zu werden und sich direkt für die Halbfinals zu qualifizieren. Deshalb habe der Spengler-Cup-Modus diese spezielle Strategie erfordert. «Sollten wir es in den Final schaffen, haben wir innert fünf Tagen fünf Spiele», so Raffainer, «Um erfolgreich sein zu können, versuchen wir es deshalb mit einem neuen Ansatz.»
Trainer Christian Wohlwend ergänzt: «Was wir tun, ist eine Reaktion auf den Modus. Wir kommen nicht darum herum, die Kräfte zu verteilen. Denn wir wollen hier nicht zwei gute Spiele machen und dann im Viertelfinal ausscheiden.» Das Ziel des HCD sei es, das Turnier zu gewinnen: «Und deshalb mussten wir strategische Entscheidungen treffen.»
«Das ist eine Verarschung des Publikums»
Diese Zockerei kommt nicht überall gut an. Tamedia traf nach dem einseitigen Spiel gegen das Team Canada vor dem Davoser Eisstadion einen ehemaligen Spieler an, der inzwischen als Unternehmer tätig ist und für sich und seine Kunden mehrere Tickets für die Partie gekauft hat. «Was der HCD da macht, ist eine Verarschung des Publikums, das viel Geld bezahlt, um hier dabei sein zu können. Am Spengler-Cup will ich gutes Eishockey sehen und unterhalten werden, egal wie weit es Davos am Turnier nun schafft.» Als er die Aufstellung des HCD gegen Kanada gesehen habe, wäre er am liebsten wieder nach Hause gegangen. «Für solche Spielereien habe ich null Verständnis», sagt er frustriert.
Wegen der HCD-Strategie, vielleicht auch dem Geist der neuen Crew mit Raffainer und Wohlwend geschuldet, den Erfolg am Turnier über die Show zu setzen, ist eine heftige Kontroverse entstanden, die das Potenzial hat, in eine Polemik auszuarten. Das Gute daran: Für die Viertelfinal-Partie am Sonntagnachmittag zwischen Davos und Turku ist nun zusätzliche Brisanz entstanden. Gewinnt Davos dieses K.-o.-Spiel, hat er eben doch einiges richtig gemacht, erleidet er aber trotz dieser Zockerei Schiffbruch, müssen sich Raffainer und Wohlwend auf unangenehme Fragen gefasst machen. Nicht nur von frustrierten Zuschauern.
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