Spinale NeurozystizerkoseHeftige Rückenschmerzen – Frau hatte Schweinebandwurm in der Wirbelsäule
Drei Jahre lang litt eine Frau aus China unter Rückenschmerzen, bevor sie einen Arzt aufsuchte. Das hätte sie besser früher gemacht. Denn Schuld an den Schmerzen war ein Parasit, der eine Infektion ausgelöst hatte.
- von
- Fee Anabelle Riebeling
Darum gehts
In China hatten es Medizinerinnen und Mediziner mit einer Premiere zu tun.
Bei ihrer Patientin hatte ein Schweinebandwurm für starke Rückenschmerzen gesorgt, die während Jahren auch in Hüfte und rechtes Bein ausstrahlten.
Die Frau (46) litt an einer besonderen Form von Neurozystizerkose, der häufigsten parasitären Erkrankung des Zentralen Nervensystems.
So wurde bei ihr zum ersten Mal beobachtet, dass dabei auch die sogenannte Spinalnervenwurzelhülle betroffen sein kann.
Nach Operation und Medikamenteneinnahme geht es der Patientin heute wieder gut.
Mit Schmerzen im unteren Rücken hatte es angefangen, dann haben sich diese auf Hüfte und das rechte Bein ausgeweitet. Trotzdem wartete eine Chinesin drei Jahre, bis sie ihre Symptome endlich einer medizinischen Fachperson vorstellte. Die 46-Jährige erklärte, die Schmerzen seien im Laufe der Jahre allmählich schlimmer geworden, bevor sie zuletzt von einer sechs auf der Schmerzskala auf eine zehn angestiegen seien, wie Heute.at schreibt.
Die Ärztinnen und Ärzte vom People's Liberation Army General Hospital in Peking schickten ihre Patientin zur Magnetresonanztomographie (MRT), die die Ursache der Schmerzen offenbarte: eine Zyste in der Nervenmanschette am fünften Lendenwirbel.
Parasitäre Erkrankung des Zentralen Nervensystems
Die Medizinerinnen und Mediziner entfernten die Zyste operativ. Und mit ihr noch weitere, die das Team erst während des Eingriffs entdeckte. Die Zysten waren «gelblich und traubenförmig» angeordnet, so die Gruppe um Aijia Shang im «Journal of Medical Case Reports». Zudem seien die angrenzenden Nerven, die Arachnoidea (weiche Rückenmarkshäute) und Dura (harte Rückenmarkshaut) stark verklebt gewesen. Auch dieses Problem hätten sie behoben.
Die Analyse der entnommenen Proben bestätigte den ersten Verdacht: Die Patientin litt an Neurozystizerkose, der häufigsten parasitären Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die durch den Schweinebandwurm (Taenia solium, siehe Box) ausgelöst wird. Um allfällige Überreste des Parasiten in der Patientin abzutöten, musste diese nach dem Eingriff noch einen Monat lang ein Entwurmungsmittel schlucken.
Die Therapie schlug an: Bei ihrer Entlassung waren nur noch leichte sensorische Beeinträchtigungen vorhanden. Drei Jahre später hatte sie sich vollständig erholt. Auch die Schmerzen waren deutlich weniger geworden: Die Patientin gab ihnen eine zwei auf der Schmerzskala. Und: Die Magnetresonanztomographie zeigte kein Wiederauftreten der Zystizerkose.
So kommt der Schweinebandwurm in den Körper
Der Schweinebandwurm, auch Schweinefinnenbandwurm genannt, lebt im Darm des Menschen. Möglich machen ihm das Saugnäpfe am Kopf, womit er sich am Darm festsaugen kann. Taenia solium kann mehr als acht Meter lang werden.
Die Infektion erfolgt durch die Einnahme von Larven (Finnen) in nicht oder ungenügend erhitztem, infiziertem (finnigem) Schweinefleisch. Im Darm wächst der Wurm, indem er fortlaufend neue Glieder bildet. Er ernährt sich von den Nährstoffen im Darm, was beim Wirt zu Mangelernährung führen kann. Werden statt Larven Eier eingenommen, können diese eine Zystenbildung hervorrufen, die zu Epilepsie führen können.
Die Infektion mit dem adulten Bandwurm verläuft meist symptomlos. Falls der Mensch aber als Fehlzwischenwirt dient, siedeln sich die Finnen vor allem an den Faszien von Skelettmuskeln, am Zwerchfell, Kehlkopf, Herz, Lymphdrüsen oder im Gehirn an. Dort rufen sie Kopfschmerzen, erhöhten Hirndruck, neurologische Ausfälle und Hirnhautentzündungen hervor.

Fall ist eine Premiere
Dass die Erkrankung auch Wirbelsäule und Rückenmark betrifft, kommt laut den Autorinnen und Autoren der Fallstudie nur sehr selten vor. Dass auch die sogenannte Spinalnervenwurzelhülle betroffen sein kann, sei «bisher noch nicht berichtet» worden. Der Fall der 46-jährigen Chinesin zeige, dass «eine kombinierte Behandlung mit chirurgischer Entfernung und medikamentöser Therapie» wirksam sei.
Bandwurmbefall ist selten, aber längst kein Einzelfall
In chinesischen Medien tauchen immer wieder Berichte von Personen auf, denen ein Bandwurm entfernt wurde. Vor einigen Jahren holten indische Medizinerinnen und Mediziner ein besonders stattliches Exemplar aus ihrem Patienten: Der Schweinebandwurm war zwei Meter lang (siehe Video unten). Doch es geht noch grösser, wie Kritsada Ratprachoom aus Thailand am eigenen Leib erfuhr: «Sein» Bandwurm brachte es auf 9,7 Meter.
Wie sich ein Schweinebandwurm im Körper auch entwickeln kann, zeigt der Fall eines Mannes aus Indien: Der Parasit in ihm war auf eine Länge von beinahe zwei Metern herangewachsen.
Während die langen Exemplare ihren Wirten Schmerzen bereiteten, brachten mehrere winzige einem 18-Jährigen in Indien im Jahr 2019 den Tod: Nur zwei Wochen nachdem er ein befinntes Stück Fleisch gegessen haben dürfte, hatten sich gleich mehrere Bandwürmer durch sein Gehirn gefressen. Doch nicht immer sind es Schweinebandwürmer, die Menschen befallen. Auch der Hundebandwurm kann sich im Menschen festsetzen und eine Echinokokkose auslösen. Zu einer Übertragung kann es schon beim Hund streicheln kommen.
In der Schweiz weit verbreitet ist der Fuchsbandwurm. Experten gehen davon aus, dass jeder zweite Fuchs von ihm befallen ist. Das Problem: Der Parasit nistet sich in der Leber ein, wo er sich wie ein bösartiger Tumor verhält. Entsprechend sollte man, sollte man befürchten, sich einen Bandwurm eingefangen zu haben, unbedingt einen Arzt aufsuchen.
Wusstest du, dass es auch hierzulande Bandwürmer gibt?
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