Festplatten und DruckerDaten der Zürcher Justiz landeten im Drogenmilieu – Amt informiert Anfang Woche
Während sieben Jahren sind Computer und Festplatten der Zürcher Justizdirektion ins Drogen- und Sexmilieu gelangt. Das ist bisher bekannt.
- von
- Lynn Sachs
Darum gehts
Ein Anfrage beim Zürcher Stadtrat bringt einen Justizskandal ans Licht.
Zwischen 2006 und 2012 sollen etliche ausgemusterte Computer der Justizdirektion im Milieu gelandet sein.
Das Amt hat für Dienstag eine Pressekonferenz angekündigt.
Skandal in der Zürcher Justiz: Während sieben Jahren sind sensible Daten der Justizdirektion in falsche Hände geraten. Am Dienstag will das Amt bei einer Pressekonferenz informieren. Das ist bis anhin bekannt.
Was ist passiert?
Zwischen 2006 und 2012 sollen Festplatten der Zürcher Justizdirektion im Drogen- und Sexmilieu gelandet sein. Betroffen sind laut einer schriftlichen Anfrage an den Zürcher Stadtrat sensible Daten wie Handynummern von Mitgliedern der Kantonspolizei, Privatadressen von Mitarbeitenden und psychiatrische Gutachten von Angeklagten. Der «Tages-Anzeiger» hat zuerst darüber berichtet.
Wie konnte das geschehen?
Gemäss der Anfrage sind die Computer zur Entsorgung über Jahre einem «Beauftragten» übergeben worden. Auf den Festplatten sollen sich jedoch noch zahlreiche unverschlüsselte Unterlagen befunden haben.
Wie wurde der Vorfall bekannt?
Erstunterzeichner der Anfrage ist der Strafverteidiger und SVP-Kantonsrat Valentin Landmann. Sein Mandant Roland Gisler (58), Besitzer der Milieu-Bar Neugasshof, wurde im November wegen Drogenhandels vom Obergericht verurteilt. Während des Verfahrens soll der Beizer den Behörden rund zwanzig ungelöschte Festplatten übergeben haben. Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, habe Gisler diese in seinem Lokal gefunden.
Wie kam Gisler zu den Computern?
Gislers Bruder habe während mehrerer Jahre für die Justizdirektion Dienstcomputer entsorgt. Laut dem 58-Jährigen hat er die ausgemusterten Geräte als «Bezahlung» weiterverkaufen dürfen. Auf deren Festplatten seien aber noch viele Daten gewesen, die zuvor nicht gelöscht worden waren. So sei der Bruder des Beizers an Informationen gelangt. Laut Gisler lebt sein Bruder zurzeit nicht in der Schweiz.
Gegen Roland Gisler läuft in Bezug auf den Datensicherheitsvorfalls wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte ein Verfahren, wie die Staatsanwaltschaft gegenüber «Blick» bestätigt. Der 58-Jährige soll Richter und Staatsanwälte bedroht, angerufen und an ihren Wohnsitzen aufgesucht haben.
Wusste die Justizdirektion davon?
Nach mehreren Medienberichten zum Vorfall meldete sich die Justizdirektion am Freitag in einer Medienmitteilung zu Wort. Wie sie schreibt, wird vermutet, dass ihre Computer zwischen 2006 und 2012 durch einen ehemaligen Dienstleister nicht wie vereinbart vernichtet und die darauf gespeicherten Daten gelöscht wurden. Es sei denkbar, dass auch sensitive Daten betroffen sind. Kenntnis habe die Stelle vom Datensicherheitsvorfall seit November 2020. Bis anhin sei aber noch nicht abschliessend klar, welche Menge und Art von Daten in Umlauf gekommen sind.
Was ist seither passiert?
Nachdem die Direktion vom Vorfall erfahren hatte, hat sie eine Strafuntersuchung eingeleitet, die weiterhin andauert. Ebenfalls habe das Amt eine Administrativuntersuchung bei externen Anwältinnen und Anwälten beauftragt und die zuständigen Aufsichtsorgane informiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung liegen seit Ende März 2021 vor, wurden bis anhin aber nicht kommuniziert.
In den letzten Tagen hat sich nun auch auf der Bundesebene die Subkommission der Geschäftsprüfungskommission eingeschaltet. Wie der «Blick» schreibt, will diese prüfen ob vom Datenleck auch das Justizdepartement des Bundes und das Bundesamt für Polizei (Fedpol) betroffen seien.
Wie geht es weiter?
Am Wochenende hat die Justizdirektion für Dienstag eine Pressekonferenz angekündigt. Dabei könnte sie weiter über den Vorfall aufklären. Nachdem in der Medienmitteilung vom Freitag aber festgehalten wurde, dass wegen des laufenden Strafverfahrens bei der Staatsanwaltschaft keine weiteren Angaben zum Vorfall gemacht werden können, bleibt offen, was die Direktion vor den Medien präsentieren wird. Auch ob und wie sich die amtierende Justizdirektorin Jacqueline Fehr erstmals öffentlich zum Skandal äussern wird, bleibt abzuwarten.
Keine News mehr verpassen
Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.